Medizinische Versorgung in MV: Viele Baustellen auf Weg in die Zukunft
Medizinische Versorgungszentren (MVZ) werden in Mecklenburg-Vorpommern fehlende Arztpraxen wohl kaum gleichwertig ersetzen können. Ein Hausarzt sagt, warum er das so sieht.
Medizinische Versorgungszentren (MVZ) gelten als eine von mehreren Möglichkeiten, dem sich abzeichnenden Ärztemangel auf dem Land zu begegnen. Mehrere Allgemein- und Fachmediziner arbeiten unter einem Dach, teilen sich Infrastruktur und Personal. Knapp 90 MVZ haben sich nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung in Mecklenburg-Vorpommern bereits etabliert. Dr. Jörg Hinninger, Hausarzt in Demmin, wirft allerdings einen kritischen Blick auf die MVZ. Ihm missfällt, "dass die doch nachzuweisende geringere Effizienz von Medizinischen Versorgungszentren doch eher auf dem Rücken der niedergelassenen Ärzte ausgetragen wird".
Unterschiedliches Arbeitspensum
Hintergrund seiner Kritik sind folgende Zahlen: Laut Gesetzgeber wird ein niedergelassener Arzt mit 52 Wochenstunden und 1.078 Patientenkonsultationen im Quartal kalkuliert. Bei einem in einem MVZ angestellten Arzt sind es "nur" 40 Wochenstunden und 578 Patienten. Hinninger wünscht sich Kontrollmechanismen, die trotz dieser Unterschiede eine ausreichende ärztliche Versorgung gewährleisten.
"Beide Modelle haben ihre Berechtigung"
Inzwischen ist in den Praxen und MVZ rund ein Drittel der Ärztinnen und Ärzte angestellt, so Jörg Heusler, Amtsarzt des Landkreises Vorpommern-Rügen. Die Kassenärztliche Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern (KVMV) räumt ein, "dass der zugelassene Arzt in der Regel mehr Patienten behandelt als ein angestellter Arzt, nicht zuletzt deshalb, weil der Praxisinhaber mit der Anzahl der behandelten Patienten seinen Umsatz und sein Einkommen selbst bestimmt". Auf der anderen Seite würden viele angestellte Ärztinnen und Ärzte Teilzeit arbeiten. Beide Modelle hätten ihre Berechtigung, betont die KVMV, "tatsächlich hat es aber Auswirkungen auf die Versorgung".
Schwierige Suche nach Nachfolgern
Die Ausgestaltung der MVZ ist nur eine "Baustelle", wenn es um die Zukunft der ärztlichen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern geht, die 3.300 niedergelassene Ärztinnen und Ärzte gewährleisten sollen. Derzeit sind laut KVMV rund 80 Hausarztstellen unbesetzt, hinzu kommen diverse Facharztstellen. Außerdem ist jeder dritte niedergelassenen Arzt älter als 60 Jahre. Gerade auf dem Land ist es - trotz zahlreicher Fördermöglichkeiten seitens der KVMV - schwierig für sie, Nachfolger für ihre Praxen zu finden. Lothar Pick, Landarzt in Semlow (Kreis Vorpommern-Rügen) ist einer von ihnen. Würden mehr Mediziner ausgebildet, sagt er, stiege die Chance, dass auch welche aufs Land gehen. Denn der Alltag dort ist schon speziell. Ein Aspekt: Als "Alleinkämpfer" sei ein Landarzt für "alles allein verantwortlich". Pick: "Das sind so Dinge, die junge Kollegen hier davon abhalten."
Kleine Krankenhäuser im Schwebezustand
Auch die ungeklärte Zukunft der kleinen Krankenhäuser in Mecklenburg-Vorpommern wirkt sich auf die Personalsituation in der Ärzteschaft aus. Einerseits sieht die geplante bundesweite Krankenhausreform für sie eine verlässlichere Finanzierung vor. Andererseits sollen die Kliniken in eine von drei Versorgungsstufen eingeordnet werden: von der Grund- über die Regel- bis zur Maximalversorgung. Diese Einstufung ist aber noch nicht erfolgt. "Viele wissen nicht bei kleineren Krankenhäusern: Was darf das Krankenhaus in Zukunft noch leisten, was darf es nicht mehr leisten?“ sagt Gunnar Bölke, Geschäftsführer der Bodden-Kliniken in Ribnitz-Damgarten, "und das sorgt dafür, dass manche Stellen eben unbesetzt bleiben."