Protest in Schwerin: Gesundheitsversorgung in MV in Gefahr

Stand: 08.11.2023 17:22 Uhr

Ärzte, Apotheker, Zahnärzte und Psychotherapeuten sehen die Gesundheitsversorgung in MV in Gefahr. Rund 500 Teilnehmer aus dem ganzen Land haben in Schwerin am Mittwochnachmittag auf die Probleme aufmerksam gemacht und lautstark gegen die aktuelle Gesundheitspolitik protestiert.

von Katrin Glüsenkamp

Sich gemeinsam für Forderungen einsetzen, zum Nachdenken anregen und auf sich aufmerksam machen. Genau das hatten sich die rund 500 Teilnehmer der Protestaktion auf dem Alten Garten in Schwerin als Ziel gesetzt. Lautstark mit Trillerpfeifen und vielen Plakaten war die Unzufriedenheit in der Menge zu spüren gewesen.

Bürokratie und Personalnot im Gesundheitssektor in MV

Die Hintergründe der Aktion waren vielfältig. Die Vorsitzende der Fachärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern Sylvia Schnitzer berichtete von den Auswirkungen des drohenden "Gesundheitskollaps": "Das bedeutet, dass in den nächsten fünf Jahren bis zu 400 Ärzte in unserem Bundesland verschwinden werden." Grund hierfür sei das Erreichen des Rentenalters und der fehlende Nachwuchs. Die Vorsitzende, die auch als HNO-Ärztin in Grevesmülen tätig ist, sprach von überfüllten Praxen: "Wir können diese Patienten, die derzeit da sind, nicht wie gewohnt versorgen. Denn es fehlt an Personal", so Schnitzer. Weiter sei die übermäßige Bürokratie ein riesiger Bestandteil für den Anlass der Versammlung vor dem Schloss gewesen. "Wir gehen unter bei dem Bürokratismus, den wir täglich bewerkstelligen müssen", berichtet Schnitzer. Viele ihrer Kollegen verbringen einen Großteil ihres Arbeitstages hinter dem Schreibtisch und versuchen, dem anfallenden Papierkram Herr zu werden.

Auch Martina Rohde aus Rostock war zu dem Protesttag in Schwerin angereist. Die Apothekerin wollte ein Zeichen setzen: "So wie es aktuell läuft, geht es nicht mehr. Der Job macht teilweise keinen Spaß mehr", sagt Rohde. Jeden Tag hoffe sie, dass die gewünschten Medikamente lieferbar sind und sie keine Patienten enttäuschen muss.

Gesundheitsministerin Drese hat Verständnis für Forderungen

Direkt mit dem ganzen Team angereist war auch Hausärztin Constanze Stövesand aus Rostock. Die Medizinerin hat ihre Mitarbeiter gelobt und schwört, dass ohne diese nichts laufen würde. "Wir sind hier, weil wir für eine leistungsgerechte Bezahlung sind", erklärte sie. Jeden Monat habe sie extreme Mehrkosten und hofft auf Verständnis und Lösungen aus der Politik. Auch mehr Transparenz sei ihr wichtig: "Wenn die Patienten wüssten, mit welchem Mehraufwand wir täglich zu kämpfen haben, wäre da mit Sicherheit auch mehr Verständnis da."

Auch Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) hatte den gesamte Protest begleitet. Sie habe Verständnis für die Forderungen aus den Reihen der Teilnehmer: "Es gibt leider nicht die eine Lösung für alle diese angesprochenen Herausforderungen. Jedoch ist mir bewusst, dass eine Unzufriedenheit herrscht." Es wäre aber kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander was die Problemlösung anginge.

Weitere Informationen
Eine Ärztin guckt einem Patienten ins Ohr. © Screenshot
2 Min

Ärzte warnen vor Gesundheitskollaps auf dem Land

Viele Arztpraxen geraten an ihre Grenzen, wegen überbordender Bürokratie, stockender Digitalisierung und mangelndem Nachwuchs. 2 Min

Eine Krankenkassen-Karte wird in einer Apotheke eingelesen. © Screenshot

Versorgung auf dem Land in Gefahr: Apotheken protestieren

Einige Apotheken in MV stellten aus Protest für einige Stunden den Betrieb ein. Sie fordern unter anderem bessere Vergütung. mehr

Ein Blick in das automatisierte Medikamentenlager einer Apotheke. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jan Woitas Foto: Jan Woitas

Notmaßnahme gegen Antibiotikamangel: Regellockerungen in MV

Mecklenburg-Vorpommern hat die Regeln für Medikamente gelockert, um über Importe Versorgungssicherheit zu gewährleisten. mehr

Ein Apotheker steht an einem Medikamentenregal © Colourbox Foto: Diego Cervo

"Flohmarkt" für Medikamente? Geteiltes Echo in MV

Sollten Gesunde ihre überschüssigen Medikamente an Kranke abgeben? Der Vorschlag des Bundesärztekammer-Präsidenten gegen den Medikamentenmangel wird nicht rundweg abgelehnt. mehr

Dieses Thema im Programm:

Nordmagazin | 08.11.2023 | 19:30 Uhr

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

Das Schweriner Schloss mit Wahlzettel (Montage) © iStockphoto, fotolia.com Foto: Bertlmann, ma-photo

Städte- und Gemeindetag fordert Abschaffung von Doppelwahlen

Städte und Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern wollen den Termin für die künftigen Europa- und Kommunalwahlen neu ordnen. mehr

Die neue NDR MV App

Ein Smartphone zeigt die Startseite der neuen NDR MV App © NDR Foto: IMAGO. / Bihlmayerfotografie

Mecklenburg-Vorpommern immer dabei - die neue NDR MV App

Artikel, Podcasts, Livestreams: Die NDR MV App ist ganz neu: übersichtlich, kompakt, benutzerfreundlich, aktuell. mehr