Land führt Gesundheitskarte für Asylsuchende ein
Innenministerium und Krankenkassen haben vereinbart, eine Gesundheitskarte für Asylsuchende in Mecklenburg-Vorpommern einzuführen. Diese soll die medizinische Versorgung vereinfachen und Verwaltungen entlasten.
Vor jedem Arztbesuch müssen sich Asylsuchende bisher eine schriftliche Bescheinigung vom Sozialamt holen. Anschließend muss die Behandlung über die Gesundheitsämter abgerechnet werden. Diese prüfen im Zweifel auch noch einmal, ob die Behandlung angemessen und notwendig war. Für die Kommunen bedeutet das einen enormen Verwaltungsaufwand. In der Hansestadt Rostock seien die Mitarbeitenden im Sozialamt zu rund zehn Prozent ihres Arbeitstages allein damit beschäftigt, die Bescheinigungen für die Arztbesuche auszustellen, so Sozialsenator Steffen Bockhahn (parteilos).
Gesundheitskarte soll Kommunalverwaltungen entlasten
Die Gesundheitskarte soll alles vereinfachen: Mit ihr werden die medizinischen Behandlungen der Asylsuchenden im Nachhinein digital über die Krankenkassen abgerechnet. Es braucht auch keine Genehmigung mehr, um überhaupt zu einem Arzt oder einer Ärztin gehen zu können. Aus dem Innenministerium heißt es zur Begründung: Ärztinnen und Ärzte wüssten am besten, welche Behandlungen angemessen seien und die Krankenkassen wüssten am besten, welche Leistungen abgerechnet werden können. Dieses neue System soll das Personal in den Kommunen entlasten und die medizinische Versorgung von Asylsuchenden auch transparenter machen.
Kommunen müssen in Vorleistung gehen
Die Verwaltungen der Landkreise und kreisfreien Städte können nun selbst entscheiden, ob sie die Gesundheitskarte einführen. Für zunächst 7.200 Asylsuchende werden solche Gesundheitskarten beantragt und in zwei Wochen ausgegeben. Für die Abrechnung sollen die Krankenkassen jeweils acht Prozent der Behandlungskosten bekommen. Diese acht Prozent sollen zunächst die Kommunen zahlen und müssen dafür in Vorleistung gehen. Das Innenministerium habe im Verlauf der Verhandlungen zugesagt, dass diese Kosten vom Land übernommen und in den kommenden zwei Jahren über den Finanzausgleich zwischen Land und Kommunen abgerechnet werden. Doch nicht allen Kommunen reicht diese Aussage offenbar aus.
Nicht alle Landkreise wollen sich beteiligen
Auf Anfrage des NDR erklärten die Landkreise Vorpommern-Greifswald, Vorpommern-Rügen und Nordwestmecklenburg, dass sie die Gesundheitskarte vorerst nicht nutzen wollen. Aus dem Landkreis Vorpommern-Greifswald heißt es, dass die zusätzlichen Kosten, die durch den Verwaltungsaufwand bei der Krankenkasse entstehen, durch den Kreis nicht erstattet werden könnten. Die Entscheidung für die Gesundheitskarte sei damit eine zusätzliche Belastung des Kreishaushalts.
Aus dem Landkreis Nordwestmecklenburg kommt dagegen eine andere Begründung: Laut Landrat Tino Schomann (CDU) sollen die Ärztinnen und Ärzte seines Gesundheitsamtes "die Asylbegehrenden mit deren gesundheitlichen Nöten selbst im Blick behalten können". Schomann sehe den durch das Land erhofften Synergieeffekt nicht.
Landrat Stefan Kerth (parteilos) befürchtet, dass die Zahl der medizinischen Behandlungen der Asylsuchenden durch die Gesundheitskarte steigt. Das Gesundheitswesen werde damit zum sogenannten „Pull-Faktor“, der Migration begünstige. Die übrigen Landkreise sowie die Städte Schwerin und Rostock werden die Gesundheitskarte nun einführen. Damit bleibt ein Teil des Verwaltungsaufwands trotzdem bestehen, denn ein Asylsuchender, der zum Beispiel im Landkreis Rostock lebt und eine Gesundheitskarte hat, bräuchte weiterhin eine Bescheinigung für einen Facharzttermin in Greifswald.