Flüchtlingsgipfel MV: Forderung nach besserer Gesundheitsversorgung
Gesundheitsversorgung für Geflüchtete, Integration von Flüchtlingskindern in Schulen sowie die mediale Berichterstattung über Flucht und Asyl: Das waren die zentralen Themen auf dem Flüchtlingsgipfel MV, auf dem der Landesflüchtlingsrat mit Vertretern von Politik, Zivilgesellschaft und Medien zusammengekommen war.
Die Integrationsbeauftragte Mecklenburg-Vorpommerns und Schirmherrin der Veranstaltung, Jana Michael, bedauerte, dass Flüchtlinge keine große Lobby hätten. Die Strukturen für die Integration seien mangelhaft, sagte sie am Dienstag in Schwerin. Wichtig für die Integration sei insbesondere Bildung. Defizite gebe es auch bei der Gesundheitsversorgung, wurde von einigen Teilnehmern moniert. Sie forderten einen Abbau der Bürokratie und eine Gesundheitskarte und freie Gesundheitsversorgung auch für Asylbewerber.
Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge: Erschwerter Zugang zur Behandlung
Nach derzeitiger Gesetzeslage könnten sich Asylbewerber nur bei akuten Beschwerden behandeln lassen, hieß es. In Mecklenburg-Vorpommern gebe es wie in vielen Bundesländern für Asylbewerber noch keine Gesundheitskarte. Geflüchtete müssten sich also in der zuständigen Behörde einen sogenannten Berechtigungsschein holen. Die Behörde könne die Behandlung dann bewilligen oder ablehnen und auch den Umfang festlegen. Der Zugang zu medizinischer Versorgung werde damit für Asylbewerber zusätzlich erschwert, monierten Teilnehmer des Gipfels. Denn dieser sei in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern sowieso schon schwierig. Zudem kämen Asylbewerber häufig mit Verletzungen aus Kriegsgebieten oder litten unter traumatischen Erfahrungen.
Kritik am System der Vorklassen: Schlechtere Lernergebnisse
Beim Thema Bildung ließen die Teilnehmer kein gutes Haar an dem im Nordosten etablierten System der Vorklassen, das Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) am Montag noch gelobt hatte. In diesen Vorklassen wird Flüchtlingskindern unter anderem die deutsche Sprache beigebracht, bevor sie in die Regelklassen integriert werden. Eine Studie auf Basis von Daten von Hamburger Grundschulen sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die getrennte Beschulung ausländischer Grundschüler zu schlechteren Lernergebnissen führe im Vergleich zu einem Modell, bei dem ausländische und einheimische Kinder sofort gemeinsam unterrichtet werden.
Erwachsene früh an Landessprache heranführen
Die Co-Autorin der Studie, Pia Schilling von der Freien Universität Bozen, wies darauf hin, dass das Vorklassen-Modell vor allem im Fach Deutsch deutlich schlechter abschnitt. Schilling verweist zudem auf internationale Studien, denen zufolge "Schülerinnen und Schüler davon profitieren können, in einem Klassenzimmer mit Kindern mit höherem sozioökonomischen Hintergrund unterrichtet zu werden". In Bezug auf Erwachsene merkte sie an, dass diese langfristig besonders davon profitierten, wenn sie früh die Landessprache lernten und sich dies positiv auf ihre Kinder auswirke.
Kritik an Medienberichterstattung zu Upahl
Teilnehmer merkten zudem kritisch an, dass der Charakter der öffentlichen Diskussion über Migration, Integration und Flucht oft sehr emotional besetzt sei. Die Perspektive der Flüchtlingshilfe spiele dabei bisher eine zu geringe Rolle in der Gesamtdebatte. Fabio Ghelli vom Mediendienst Migration kritisierte am Beispiel der Berichterstattung über die Proteste gegen die Flüchtlingsunterkunft im nordwestmecklenburgischen Upahl, dass dabei eine lokale Problemlage von deutschen Medien vorschnell verallgemeinert wurde. Diese These stieß bei anwesenden Medienvertretern auf deutlichen Widerspruch. Laut Gehlli lasse sich jedoch nicht von der Hand weisen, dass positive Beispiele selten ein derartiges Medienecho hervorrufen.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung des Textes, wurde die Co-Autorin der Studie, Pia Schilling, versehentlich einer anderen Forschungseinrichtung zugeordnet. Zudem wurde ein Zitat falsch wiedergegeben. Wir bitten, die Fehler zu entschuldigen.