Klimastiftung MV: Sellering nach Rücktritt weiter im Amt?
Vor zwei Wochen ist Erwin Sellering als Vorstandsvorsitzender der umstrittenen Stiftung zurückgetreten. Doch laut Satzung ist er weiter im Amt, sagen CDU und Grüne im Landtag. Die Landesregierung widerspricht. Die Stiftungsaufsicht schweigt.
Die Klimaschutzstiftung MV und ihre Verbindungen zu Nord Stream 2: eine endlose Geschichte mit immer neuen Wendungen. Teile der Opposition wollen sie endgültig beerdigen, die Landesregierung will sie entstaatlichen, das heißt Landesregierung und Landtag sollen künftig keinen Einfluss mehr auf die Personalentscheidungen der Stiftung nehmen. So hat es auch der Landtag mit seiner rot-roten Mehrheit beschlossen, doch wegen Sellerings Rücktritt stockten die Verhandlungen.
Landesregierung will Privatisierung der Stiftung
Viele wussten dann erst einmal nicht mehr, wer in der Stiftung eigentlich den Hut aufhatte. Inzwischen ist das der ehemalige CDU-Europapolitiker Werner Kuhn, er war bisher Stellvertreter von Sellering. Man habe sich im Vorstand auf diese Personalie geeinigt, heißt es von der Stiftung. Und Landtagspräsidentin Birgit Hesse sagte dem NDR, jetzt wo klar sei, dass Kuhn der neue Stiftungschef ist, könne man schnell die Verhandlungen wieder aufnehmen - um die "Überführung in die Zivilgesellschaft" zu vollenden - andere nennen das die Privatisierung der Stiftung.
Jamaika-Opposition fordert Auflösung
CDU, Grüne und FDP warnen vor der Privatisierung, weil dann die Stiftung nicht mehr auskunftspflichtig gegenüber der Presse sei und dieser Schritt deshalb die weitere Aufklärung der Fragen rund um Nord Stream 2 gefährde. Die Jamaika-Opposition im Landtag fordert weiter die Auflösung der Stiftung und kritisiert das Vorgehen der Landesregierung. Vor allem sei immer noch nicht klar, wer gerade eigentlich Chef der Stiftung ist.
Verwirrung um Stiftungssatzung
Denn Erwin Sellering mag zwar zurückgetreten sein, aber die Ministerpräsidentin hat keinen Nachfolger für ihn ernannt. Und das heiße laut der Stiftungssatzung, dass Erwin Sellering weiter Vorstandsvorsitzender sei - so schätzen das die Grünen im Landtag ein und berufen sich dabei auf Paragraf 7 Absatz 3 und 4 der Satzung. Übrigens schrieb Sellering selbst dem NDR, dass man das wohl so lesen könne. Aber sicherheitshalber sollten wir dazu die Stiftungsaufsicht fragen, also das Justizministerium in Schwerin. Haben wir auch getan, aber dort wollte man uns keine Antwort geben und verweist wiederum - an die Stiftung. Es ist in etwa so, als ob man "Schwarzer Peter" spielen wollte. Keiner will etwas damit zu tun haben.
Verwunderung über Sellerings Rücktritt
Egal wen man im Landtag befragt, keiner versteht den Rücktritt des ehemaligen Ministerpräsidenten zu diesem Zeitpunkt. Niemand hätte ihm mehr nach der Privatisierung in die Stiftung reinreden können. Der alte Politprofi hat sie mal wieder alle überrascht. Und alle rätseln. Der Vorsitzende des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Landtag, CDU-Politiker Sebastian Ehlers meint: "Es kann sein, dass er kalte Füße bekommen hat. Er sollte ja letzte Woche zum Gespräch kommen, in einem Unterausschuss." Um zu klären, warum die Stiftung nach Meinung der Opposition seit Monaten dem Untersuchungsausschuss wichtige Akten vorenthalte.
Vergab die Stiftung Aufträge an Oligarchen?
Sellering widerspricht solchen Thesen, genau wie der Vermutung, sein Rücktritt habe womöglich mit einem Artikel zu tun, der am 11. Mai auf dem Nachrichtenportal "t-online" veröffentlicht wurde. Umfangreiche Recherchen, die bis nach Zentralasien führen. Danach soll die Klimaschutzstiftung für den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 Aufträge an ein Unternehmen in Usbekistan vergeben haben, das Verbindungen zur Familie eines ehemaligen Geheimdienstchefs des Landes hat. Diesem werden Morde und Folter vorgeworfen.
Für die Opposition erzählte Schwesig Lügen
Für Sebastian Ehlers bricht mit solchen Stories das Kartenhaus der Landesregierung in Sachen Stiftung zusammen: "Wenn wir uns jetzt mal die Unterlagen anschauen, die jetzt beispielsweise die Medien vor Gericht erstritten haben, dann werden wir sehen, dass das, was Frau Schwesig behauptet hat, nämlich dass es um den Schutz der Wirtschaft hier im Land ging, dass das eine glatte Lüge war." Sellering teilt dem NDR lediglich mit, dass er den "t-online"-Artikel nicht kenne. Aber solche Geschichten gehörten zu den üblichen Verschwörungstheorien, meint der Mann, von dem niemand so richtig sagen kann, ob er immer noch Chef der Klimaschutzstiftung ist - oder nicht.