Kirchenkunstraub erregt in Groß Tessin die Gemüter

Stand: 09.03.2025 17:50 Uhr

Am Rande des Gottesdienstes in der altehrwürdigen Backsteinkirche in Groß Tessin gab es am Sonntag unter den Besuchern vor allem ein Thema: Ein dreister Kunstraub erregt die Gemüter.

Mancher Besucher des Gottesdienstes in der Kirche in Groß Tessin (Kreis Nordwestmecklenburg) wird an diesem Sonntag wohl heimlich ein Stoßgebet gen Himmel geschickt haben, auf dass sich ein Kleinod wieder anfindet. Mitte Februar ist ein unscheinbares Gemälde aus dem Kirchenschiff verschwunden. Pastor Paul Glüer meint, dass es aus der tagsüber offenen Kirche gestohlen wurde.

Von großem idellem Wert

Das Gemälde zeigt die Szene "Anbetung der Hirten" von 1812. © Annette Seiffert Foto: Annette Seiffert
Das Bild "Anbetung der Hirten" wurde vermutlich von einem Maler der Region nach einer Druckvorlage gemalt.

"Die Anbetung der Hirten" war kein bedeutendes Kunstwerk, war "kein van Gogh", wie Daniel Brandt vom Förderverein der Kirche sagt. Aber für die Gemeindemitglieder war es von großem ideellem Wert. Gemalt wurde es von einem unbekannten Maler aus der Region, seit etwa 1812 hing es an der rotgeziegelten Nordwand neben dem Altar. Der Verlust "ist für uns eine Katastrophe", so Brand. "Generationen von Tessinern sind im Angesicht des Bildes getauft, getraut und zu Grabe getragen worden." Längst aber hatte eine Patina aus Kerzenruß das einst farbenfrohe Bild verdunkelt. Es zeigt Maria, Joseph und die drei Hirten, wie sie um die Krippe des Jesuskindes stehen und von drei Engel aus den Wolken heraus beobachtet werden.

Gemälde sollte restauriert werden

Pastor Paul Glüer predigt in der Kirche in Groß Tessin. © Screenshot
Pastor Paul Glüer hielt am Sonntag in Groß Tessin den Gottesdienst.

Die Gemeinde wollte das Gemälde allerdings restaurieren lassen. Deshalb war es von seinen eisernen Wandhaken geholt und hinter dem Altar verstaut worden. Eine Restauratorin hatte es dort bereits in Augenschein genommen. Im derzeitigen Zustand lohne sich ein Verkauf wohl kaum, so Brandt. Wer es zu Geld machen wollte, würde wohl nur ein paar Schachteln Zigaretten bekommen. Brandt appelliert an den Dieb, dass Bild zurückzugeben. Denn das verschaffe ihm ein gutes Gefühl, das ein Leben lang vorhalten würde.

Kirche bleibt tagsüber vorerst geschlossen

Als die Gottesdienstbesucher am Sonntag an der altwürdigen Kirchenwand in der frühlingshaften Sonne beisammensitzen, spekulieren sie auch über den Kunstraub. "Von uns ist das keiner gewesen", ist sich Holger Jarmuth sicher, womit er die Dorfbewohner mit einschließt. Aber er wundert sich: "Eigenartig ist es, dass nur das Bild mitgenommen wurde, warum nur das Bild?" Peter Teßnow war fassungslos, als er von dem Kunstraub erfuhr. Aber andererseits ist er überzeugt: "Geklaut wird ja alles heutzutage, die klauen sogar Hühner."

Wenn kein Gottesdienst gefeiert wird, soll die Kirche vorerst verschlossen bleiben. Pastor Glüer bedauert, dass diese Vorsichtsmaßnahme notwendig ist. Er erwägt sogar, eine Überwachungskamera zu installieren. Vielleicht, so hofft er, kann er die Kirche im Sommer tagsüber wieder öffnen.

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Das Gemälde zeigt die Szene "Anbetung der Hirten" von 1812. © Annette Seiffert Foto: Annette Seiffert

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Dieses Thema im Programm:

Nordmagazin | 09.03.2025 | 19:30 Uhr

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