Keine Verfassungsgerichts-Entscheidung zu Encrochat
Dürfen deutsche Gerichte Daten von Encrochat verwenden um Kriminelle zu verurteilen? Diese Frage bleibt weiter offen. Mehrere Beschwerden, unter anderem aus Rostock, sind vor dem Bundesverfassungsgericht jetzt gescheitert.
Eine der Beschwerden kam von einem Mann, der vom Landgericht Rostock wegen Drogenhandels verurteilt wurde. Das Gericht hatte Chatverläufe des Angeklagten ausgewertet und ihn daraufhin zu einer Haftstrafe verurteilt. Die Daten kamen allerdings von den französischen Behörden - die zuvor das Kommunikationssystem Encrochat geknackt hatten. Der Verurteilte wollte eine Revision erreichen. Seiner Meinung nach hätte der Europäische Gerichtshof klären müssen, ob die Erhebung und Weitergabe der Daten an deutsche Ermittler rechtmäßig waren. Sein Fall wurde vom Bundesverfassungsgericht aber nicht zur Entscheidung angenommen, die Beschwerde sei unzulässig, heißt es. So entschied das Gericht auch in sieben weiteren Fällen.
Weiter keine Entscheidung zu Encrochat-Daten
Über verfassungsrechtliche Fragen zur Verwertbarkeit der Encrochat-Daten ist damit in der Sache nicht entschieden, wie das Gericht extra betonte. Fünf weitere Verfassungsbeschwerden liegen in Karlsruhe derzeit noch vor.
Europaweites Netzwerk zerschlagen
Encrochat war lange Zeit besonders unter mutmaßlich Kriminellen beliebt: Sie kommunizierten über spezielle Kryptohandys. Den Nutzern hatte Encrochat perfekte Anonymität garantiert, die Mobiltelefone sollten nicht abzuhören und nicht zu verfolgen sein. 2020 hatten französische und später auch niederländische Behörden das System allerdings geknackt und daraufhin ein europaweites, verdecktes Netzwerk zerschlagen.
Mehr als 6.500 Festnahmen
Hierzulande wurden daraufhin bislang rund 3.800 Ermittlungsverfahren neu eingeleitet und etwa 400 laufende Verfahren unterstützt, heißt es vom Bundeskriminalamt. Dazu zählt unter anderem auch die "Kokain-Bande" aus Neubrandenburg, deren Verfahren jetzt schon fast zwei Jahre andauert. In den meisten Encrochat-Fällen geht es um Drogen, aber auch um Mordanschläge, Überfälle und Geldwäsche. Die Ermittlungsbehörde Europol hatte im Juni berichtet, bisher seien mehr als 6.500 Menschen festgenommen und fast 900 Millionen Euro beschlagnahmt worden.