Kein Weihnachtsfrieden in der Stadtvertretung Neubrandenburg
In der Sitzung der Neubrandenburger Stadtvertretung wurden Vorwürfe laut, Oberbürgermeister Silvio Witt würde Geld verschwenden, um Kritiker zum Schweigen zu bringen. Zugleich wurde die Verwaltung kritisiert, es an Transparenz gegenüber der Stadtvertretung vermissen zu lassen.
Die Stadtvertretung Neubrandenburg nimmt die "Mobbing-Affäre" um Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) mit ins neue Jahr. Auf der letzten Sitzung des Jahres am Donnerstagabend hielt kein Weihnachtsfrieden Einzug. Im Gegenteil, die Kontroverse wurde weiter angeheizt: "Herr Oberbürgermeister, ich erwarte von Ihnen, dass sie die Ergebnisse des Gutachtens und der staatsanwaltschaftlichen Prüfung öffentlich machen, damit auch diejenigen, die keine Akteneinsicht genommen haben, informiert sind über die von Ihnen eingeleiteten Schritte und deren Ergebnis", schloss Caterina Muth (Die Linke) ihren 13-teiligen Fragenkatalog an den OB, der nun von ihm bis Mitte Januar im Internet einsehbar beantwortet werden muss.
Zuvor hatte Muth Witt unter anderem vorgeworfen, Geld zu verschwenden, indem er "mehrere Tausend Euro" aus der Stadtkasse für ein neutrales Gutachten ausgegeben hätte, das darüber Auskunft geben sollte, ob die vor einem dreiviertel Jahr gegen ihn erhobenen Mobbing-Vorwürfe eine strafrechtliche Relevanz hatten. Nach Prüfung der Angelegenheit hatte die Staatsanwaltschaft anschließend keinen Grund für Ermittlungen gesehen.
Witt verlangt weiterhin Aufklärung der Mobbing-Vorwürfe
Auch wenn es keine strafrechtliche Relevanz gegeben hätte, sei das kein Grund, dass Amtsträger Beleidigungen einfach hinnehmen müssten, erwiderte Witt. Die Mobbing-Vorwürfe auf der Sitzung im April hatten seine Ernennung zum OB für die zweite Amtszeit überschattet. Anwesende Freunde, Kollegen und Familienmitglieder hatten damals bestürzt reagiert. Daraufhin hatte Witt die Stadtvertretung aufgefordert, den angeblich anonymen Verfasser der Vorwürfe preiszugeben. Alle möglichen Beteiligten verweigerten bisher jedoch den Namen zu nennen. Deshalb betonte Witt erneut: Das Verhalten der Stadtvertretung sei unwürdig, Behauptungen aufzustellen, ohne Ross und Reiter zu nennen. Deshalb sieht Witt auch keinen Grund, dem Vorschlag Marco Messners (Bürger für Neubrandenburg) zu folgen, den Vorfall zu begraben. Messner meinte, es sei besser, sich wieder den Sachthemen im Interesse der Bürger Neubrandenburgs zu widmen.
Neubrandenburg startet Pilotprojekt "Respekt im Rat"
Diesem Ratschlag folgten dann 30 der 36 anwesenden Ratsfrauen und -herren und stimmten dem Projekt "Respekt im Rat" der Körber-Stiftung Hamburg zu. Die restlichen sechs enthielten sich der Stimme. Gemeinsam soll nun 2023 ein Verhaltenskodex entwickelt werden, der respektloses Verhalten in den Beratungen ausschließt und auch verhindert, dass sich andere durch Posts in den sozialen Medien beleidigt fühlen könnten. Meinungsäußerungen dürften aber auf keinen Fall sanktioniert werden, schloss Muth eine mögliche Idee aus. Und fand bei Messner Unterstützung: Einen Knigge wie im Kindergarten würde niemand brauchen.
Vier-Tore-Stadt feiert im neuen Jahr ihr 775. Jubiläum
Dieser Beschluss sei ein Schritt in die richtige Richtung, bilanzierte Stadtpräsident Kuhnert (Fraktion Die Linke) die letzte Sitzung vor dem 775. Jubiläum der Stadt, das am 4. Januar mit einem Bürgerempfang in der Konzertkirche eingeläutet werden soll. Messner selbst gehe mit guten Vorsätzen in das neue Jahr und erhoffe sich das auch von allen Mitstreitern. Denn 2023 gäbe es viele Anlässe zusammen zu feiern, aber auch viele Aufgaben, die zu bewältigen seien, zum Beispiel den Bau einer neuen Schwimmhalle gemeinsam weiter voranzubringen. Inwiefern eine der längsten Sitzungen aller Zeiten dafür motivierend war, wird das neue Jahr zeigen. Zum Jahresabschluss 2022 tagten die Neubrandenburger Ratsfrauen und -herren mehr als sieben Stunden lang.