Hilferuf von Güstrows Kleingärtnern: "Man lässt uns absaufen"

Stand: 17.04.2024 14:51 Uhr

In Mecklenburg-Vorpommern ist das Hochwasser nach dem regenreichen Winter inzwischen zurückgegangen. Nicht in Güstrow: Viele Gärten in der Sparte "Sonnental" bleiben überflutet. Die Gärtner glauben, der Wasserverband sei dafür verantwortlich.

von Juliane Schultz

Eigentlich müssten Ronny Lapp und Günter Tillner längst ihre Beete bestellt haben. Doch statt zu graben, Unkraut zu jäten und den Rosendünger auszubringen, waten die Gartennachbarn in Gummistiefeln durch ihre Lauben. Die Möbel müssen raus, sie sind verschimmelt. Bis zu 50 Zentimeter hoch stand das Wasser hier. Nur ein paar Zentimeter ist es seit Februar zurückgegangen. Auch im Garten sind viele Beete noch immer überschwemmt und andernorts in der Sparte, sieht es noch schlimmer aus. Einige Häuser sind abgesackt, können wohl nur noch abgerissen werden.

Situation verschärft sich

Nur mit Gummistiefeln können die Kleingärtner durch die Anlage laufen. © Screenshot
Nur mit Gummistiefeln können die Kleingärtner durch die Anlage laufen. Einige sagen, so schlimm sei es noch nie gewesen.

Die Kleingärtner der Sparte "Sonnental" wissen: Die Anlage liegt in einem Poldergebiet - ein Gebiet, das bei Hochwasser überflutet wird, vom nahe gelegenen Sumpfsee und von der Nebel. Doch jahrzehntelang ging es gut, erzählt Günter Tillner. Schon seine Eltern hatten hier den Garten. Er hat ihn vor fast 50 Jahren übernommen. "Früher gabs hier sowas nicht", sagt Tillner. Die Entwässerungsgräben hinter den Gärten seien mehrmals im Jahr gepflegt worden. "Da schwammen hier sogar Fische", so der Rentner, "aber jetzt wachsen sie zu." Vier Mal in den vergangenen sechs Jahren sei das Wasser schon über die Gräben gestiegen. "Nur so schlimm wie dieses Jahr, war es noch nie."

Kritik an Wasser- und Bodenverband

Eine Beobachtung, die die Nachbarn bestätigen. Viele sind sich sicher, dass der Wasser- und Bodenverband Nebel verantwortlich für das Hochwasser in den Gärten ist. Auf dessen Internetseite heißt es, dem Verband obliege im Einzugsgebiet der Nebel die Unterhaltung von Gewässern. Und weiter: "Dabei steht der ordnungsgemäße Abfluss zur Vermeidung von Schäden im Vordergrund." Aber dieser Aufgabe, komme der Verband seit einigen Jahren nicht mehr ausreichend nach - so der Eindruck der Gärtner. Das Ergebnis: "Man lässt uns absaufen."

Vorwürfe zurückgewiesen

Luftaufnahme der Kleingartenanlage in Güstrow. © Screenshot
Der Wasserverband meint, der Standort der Anlage sei schlicht ungeeignet für Kleingärtner.

Ulf Schade, Geschäftsführer des Wasserverbandes widerspricht entschieden: Die Gräben werden einmal im Jahr entkrautet. Man dürfe sich da von der Optik nicht leiten lassen, der Abfluss funktioniere. Schuld an der Situation im "Sonnental" sei vor allem der nasse Ausnahmewinter. Das gesamte Entwässerungssystem, zu dem auch zwei elektrische Pumpen am Schöpfwerk gehören, sei für diese Massen nicht ausgelegt. Zur Entlastung habe der Wasserverband sogar das alte Schöpfwerk wieder angeschaltet. Das ist eigentlich ein Industriedenkmal und schon seit den 1980er Jahren außer Betrieb. Doch selbst das reiche nicht aus.

Standort ungeeignet

Aus Sicht des Wasserverbandes, erklärt Schade, sei der Standort der Gartensparte schlichtweg ungeeignet. In einer Polderfläche müsse man nun einmal mit Hochwasser rechnen, selbst wenn es viele Jahre lang gut ging. Auch dass die Gärten 60 Zentimeter tiefer liegen als das Schöpfwerk, erschwere das Abpumpen. Wollte man die Gärten retten, so müsste man das Entwässerungssystem ausbauen und das koste Geld, so Schade. Darüber müssten die Stadtvertreter entscheiden.

Kleingärtner hoffen auf Unterstützung

Unverständlich für viele Kleingärtner, die überzeugt sind, dass auch ein wenig mehr Pflege der Entwässerungsgräben viel bewirken würde. Sie bangen um den Fortbestand der Gartensparte. Für Günter Tillner ist sie Lebensmittelpunkt. Ronny Lapp trifft hier seine Freunde, um die Spiele des FC Hansa zu schauen. Andere haben hier ihre Kinder aufwachsen sehen oder tanken schlicht Kraft vom Arbeitsalltag. Sie alle hoffen, dass die Stadtvertreter verstehen, dass es hier um mehr als Erdbeerbeete geht - und auf ihre Unterstützung.

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