Gefälschte Nazi-Briefe: Strafbefehl gegen Neubrandenburger
Die Staatsanwaltschaft Dresden hat Strafbefehl gegen einen Mann aus Neubrandenburg beantragt. Er soll gefälschte Dokumente aus der NS-Zeit an das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden verkauft haben - darunter Briefe des Hitler-Attentäters Stauffenberg.
Der Fall erinnert an den Fälscher Konrad Kujau, die Hitler-Tagebücher und die Stern-Affäre: Angebliche echte Dokumente aus der NS-Zeit wecken Kaufinteresse, am Ende entpuppt sich die Sache als Fälschung, der Käufer ist blamiert. Im Fall aus Dresden spielt ein Neubrandenburger die Hauptrolle. Er beschäftigt die Ermittler bereits seit gut drei Jahren. Dem Mann werden Betrug und Urkundenfälschung vorgeworfen.
7.000 Euro für gefälschte Göring-Briefe
Über die Neubrandenburger Förderstiftung für Kunst und Wissenschaft soll er 2016 dem renommierten Militär-Museum in Dresden angeblich echte Briefe von Nazi-Größen verkauft haben, unter anderem vom Luftwaffenchef und sogenannten Reichsmarschall Hermann Göring vom Januar 1942, oder dem Generalarzt des Heeres, Ferdinand Sauerbruch. Knapp 7.000 Euro zahlte das Museum. Jahre später stellte sich auch durch Untersuchungen des Landeskriminalamts Sachsen heraus: es waren Fälschungen.
Museum freute sich über "seltenen Fund"
Der Fälschung kam das Museum durch Zweifel an einer ersten "Lieferung" auf die Spur. 2015 hatte sich der Neubrandenburger erstmals über seine Stiftung an das Militär-Museum gewandt, "um eine Sammlung von Briefen zur Thematik 20. Juli 1994 anzubieten". Den Vorgang hat das Museum in einem Beitrag in der Militärgeschichtlichen Zeitschrift (MGZ) dokumentiert. Demnach habe man seinerzeit keine Zweifel an der Echtheit der 26 dienstlichen und privaten Schriftstücke gehabt, etliche davon vom Hitler-Attentäter Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Das Museum griff beim "seltenen Fund" erfreut zu, auch weil, so heißt es im Beitrag des Fachzeitschrift MGZ, "der ursprünglich verlangte Kaufpreis deutlich heruntergehandelt" werden konnte. Etwa 8.000 Euro wurden fällig.
Zwei Dokumente mit Bezug zu Neubrandenburg
Das Museum vertraute den Neubrandenburgern, auch mit dem Hinweis, die Stiftung sei Mitglied im Museumsverband Mecklenburg-Vorpommern und vom Finanzamt Neubrandenburg als gemeinnützig und mildtätig anerkannt. Mit dem Beitrag in der MGZ-Fachzeitschrift kann das Museum den Eindruck eines gewissen naiven Herangehens an den Ankauf allerdings nicht zerstreuen. Immerhin hätten zwei Dokumente einen Bezug zu Neubrandenburg, das habe für die Authentizität gesprochen.
Schwindel flog durch Ausstellung auf
Die angekauften Dokumente spielten dann 2019 im Katalog zur Ausstellung "Der Führer ist tot" zum 75. Jahrestag des Attentats auf Adolf Hitler eine Rolle. Schnell kam die Ernüchterung: Experten außerhalb des Museums stellten die Echtheit der Stauffenberg-Dokumente in Frage. In einem Brief wurde eine ungewöhnliche Anrede gewählt, in einem anderen stimmte eine Dienstadresse nicht. Kriminaltechnische Untersuchungen des Landeskriminalamts lieferten den Fälschungsbeweis - offenbar aber nicht für alle Papiere.
Erste Taten verjährt
Das Museum erstattete Anzeige und nahm die anderen "Dokumente" aus Neubrandenburg unter die Lupe. Auch sie, da sind die Ermittler sicher, waren Fälschungen. Im Februar 2023 stellten die Staatsanwaltschaft bei Durchsuchungen in Neubrandenburg dann historische Schreibmaschinen, Tinte und Papier sicher. Während die Tatvorwürfe zur Stauffenberg-Lieferung verjährt waren, hat die Staatsanwaltschaft Dresden bei dem "Göring-Konvolut" jetzt Strafbefehl gegen den Neubrandenburger beantragt.
Vorbestraft nach Strafbefehl?
Zur Begründung heißt es in einer Pressemitteilung: "Tatsächlich wurden diese Dokumente vom Beschuldigten oder von einem unbekannten Dritten hergestellt, was der Beschuldigte gewusst haben soll. Bei der Veräußerung soll der Beschuldigte dem Museum vorgespiegelt haben, dass es sich hierbei um echte Dokumente aus der NS-Zeit handelte". Für die Ermittler sind das keine Peanuts, beim Strafbefehl geht es um 150 Tagessätze zu 60 Euro. Der Mann wäre damit vorbestraft.
Beschuldigter bestreitet Vorwürfe
Im Gespräch mit dem NDR bestreitet der Neubrandenburger die Vorwürfe. Er habe von den Fälschungen nichts gewusst. Außerdem habe man dem Museum die Dokumente seinerzeit als auch als Leihgabe angeboten. Das Museum habe die Schreiben unbedingt kaufen wollen. Dem Strafbefehl habe er über einen Anwalt widersprochen, er gehe von einem Einspruch aus. Ein Sprecher des Amtsgerichts Dresden bestätigt den Eingang des Einspruchs. Ein Verhandlungstermin sei noch nicht angesetzt.