Die Landung des Mecklenburger Bibers auf Lolland in Dänemark
Nach der vermuteten Überquerung der Ostsee von Mecklenburg-Vorpommern nach Ost-Dänemark wurde der Biber auf der Insel Lolland ausgewildert. Das Weibchen soll zusammen mit westdänischen Bibern eine neue Population gründen.
Eine kleine Gruppe Fachleute hat sich für diesen historischen Moment auf der Insel Lolland an einem der Maribo-Seen versammelt. Sie stehen an einem kleinen flachen Gewässer mit breitem Schilfgürtel. Zwischen ihnen eine Holzkiste. Der genaue Ort muss geheim bleiben - Biber brauchen Ruhe. Noch steckt das Nagetier in einem Jutesack und verhält sich ruhig.
Ein kleiner Schritt für den Biber aber ein großer für das Königreich
Dann wird gezählt: eins, zwei, drei und los. Langsam aber bestimmt krabbelt der Biber aus dem Sack und verschwindet kurz im kniehohen Grün aus Lilien und Binsen, um gleich wieder aufzutauchen. Der Nager dreht sich um und betrachtet aufmerksam und ohne Scheu die Menschen, die ihn gerade freigelassen haben. "Für mich als Biologin ist so was wie der erste Schritt auf dem Mond," sagt Anita Pedersen von der Guldborgsund Kommune begeistert. Auf ihrem Gemeindegebiet hat der Biber zuerst dänischen Boden betreten. "Nach 2.500 Jahren ist zum ersten Mal wieder ein Biber auf natürlichem Weg zu uns eingewandert", stellt Anita Pedersen fest.
Rausgeschmissener Teenager
An der Südspitze der Insel Falster, unweit des Hafenstädtchens Gedser, war der Biber Ende April an Land gegangen. Von hier sind es nur knapp 40 Kilometer bis auf die andere Seite der Ostsee, wo es mittlerweile wieder tausende Biber gibt. Ejgil Andersen von der dänischen Naturbehörde kann sich gut vorstellen, dass weitere Tiere folgen. "Biber sind sehr territoriale Tiere. Wenn die Jungtiere ins Teenageralter kommen, werden sie auch schnell mal rausgeschmissen." Nach einer Untersuchung durch Veterinäre besteht kein Zweifel, dass es sich um einen wilden Biber handelt. Möglichweise stammt er aus dem Recknitztal aber noch stehen die Ergebnisse der DNA-Proben aus. Nur sie können die Herkunft sicher klären. Aber eine andere Unklarheit ist schon mal beseitigt: Der Biber ist ein Weibchen.
Übersiedlung nach Lolland mit Sondergenehmigung
Für die zwangsweise Übersiedlung von Falster auf die Nachbarinsel Lolland brauchte die Biberdame allerdings eine Sondergenehmigung, weil wildlebende Tiere nicht einfach von Insel zu Insel geschafft werden dürfen. Aber die hat sie bekommen, weil Fachleute von der Uni Aarhus dort den besten Lebensraum auf den süddänischen Inseln ermittelt haben. Außerdem hätte das Tier die paar Kilometer Flachwasser leicht überwinden können. Die Seenkette rund um die alte Bischofsstadt Maribo verfügt über ausreichend Wasserflächen, kleine Wälder mit viel Platz und Ruhe. Also über alles, was ein Biber braucht. "Damit der Eingang des Biberbaus unter Wasser liegt muss er keinen Damm errichten und das Wasser aufstauen. Das ist das, was normalerweise zu Konflikten führt", so Biberexperte Ejgil Andersen.
Kontroverse um den Neuling
Die Biologin der Guldborgsund Kommune ist gespannt, wie sich der Nager einlebt. "Erstmal soll er seine Freiheit genießen," so Anita Pedersen. Sie weiß auch, dass die Auswilderung nicht unumstritten ist. Das zeigen Kommentare in den sozialen Medien. Einige befürchten, dass das Tier in der bislang biberfreien Natur für Unordnung sorgt, Flächen überschwemmt und Bäume fällt. Andere sorgen sich um das soziale Wohl der Biberdame. Biber sind gesellig, leben normalerweise in Familienverbänden.
Familiengründung wird vorbereitet
Aber daran arbeitet das Team von Anita Pedersen bereits. Sie wollen der Biberdame Gesellschaft durch drei Artgenossen verschaffen, die auf der Halbinsel Jütland im Westen Dänemarks leben. Damit würde die Biberin als Stammmutter einer neuen lolländischen Population in die Naturgeschichte des Königreiches eingehen. "Allerdings ist das Umweltministerium in Kopenhagen etwas zu zögerlich in der Bearbeitung unseres Falles", bedauert die Biologin. Die Beamten sollten sich beeilen, weil eine einsame Biberdame durchaus erneut die große Wanderlust packen könnte. Aber darauf sind sie vorbereitet. Das frisch eingewanderte Nagetier hat einen GPS-Sender an ihrer Biberkelle.