5 Jahre Covid: Wie die Pandemie regionalen Journalismus verändert hat

Stand: 21.03.2025 14:25 Uhr

Livestreams, Ticker, Pressekonferenzen. In der Zeit der Corona-Pandemie waren die regionalen Zeitungen, Sender und Portale im Dauereinsatz. Die Redaktionen haben aus ihren Erfahrungen Lehren gezogen.

von David Pilgrim

Niemand war auf die Corona-Pandemie vorbereitet. Dabei hatten Wissenschaftler schon seit Jahren davor gewarnt - es sei nicht eine Frage ob, sondern nur wann die Menschheit wieder einmal eine Pandemie erleben würde. Auch die Medien waren nicht vorbereitet. Wie geht man mit diesem Thema um? Diese Frage stellten sich zigtausende Journalisten rund um den Globus und natürlich auch wir vom NDR in Mecklenburg-Vorpommern. Wie berichtet man über eine Viruserkrankung, über die man im März 2020 noch fast nichts wusste? Wie bedrohlich ist die Lage wirklich? Was wollen Zuschauerinnen und Zuschauer, Hörerinnen und Hörer, Userinnen und User wissen?

Unser Auftrag: Information

Wir sollen informieren - und das haben wir getan. Wir berichten im Frühling 2020 über das Wenige, was die Wissenschaft weiß. Wir berichten darüber, welche Maßnahmen die politischen Entscheidungsträger treffen. Wir berichten darüber, welche Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie die Bürger in Kauf nehmen müssen. Und vor allem: wir berichten viel. Studien belegen, dass im Frühling teilweise 50 bis 70 Prozent der Berichterstattung ausschließlich dem Thema Corona gewidmet waren. Das kann und darf man kritisieren und die Medienforschung tut das auch. Denn die Berichterstattung verdrängt andere, mindestens genauso drängende Themen: Klimawandel, die Schwierigkeiten von Globalisierung, Soziale Ungleichheiten. Die Liste ließe sich lang fortsetzen.

Waren Medien kritisch genug?

Der Journalismus-Professor und Medienforscher Klaus Meier von der Universität Eichstätt hat den Umgang der Medien mit der Pandemie untersucht und er wirft den Medien insgesamt vor, zu lange zu unkritisch gewesen zu sein. Sie hätten zwar gut über die politischen Entscheidungen wie Kontaktsperren, Lockdown und Schließungen berichtet, sie aber zu wenig hinterfragt und zu wenig über Alternativen berichtet, die häufig auf lokaler Ebene entwickelt waren.

Corinna Pfaff vom Deutschen Journalistenverband in Schwerin fasst es so zusammen: "Es gab einen Teil, der wollte eine weitere Verschärfung der Regeln. Ein anderer wollte, dass die möglichst aufhören und dieses ganze Spektrum galt es auch im Journalismus durch die Medien abzubilden. Es war eine unheimlich schwierige Aufgabe."

Welche Lehren haben Redaktionen in MV gezogen?

Was haben wir gelernt? Ich wollte diese Fragen den Chefredakteuren von Ostseezeitung, Schweriner Volkszeitung, Nordkurier und dem NDR in MV stellen. Geantwortet haben nur Nordkurier und NDR. Die SVZ gehört heute zum Nordkurier, die Ostseezeitung wollte sich nicht äußern.

Gordana Patett, multimediale Chefredakteurin im NDR-Landesfunkhaus Mecklenburg-Vorpommern, blickt selbstkritisch zurück: "Wir wissen, dass es die Wahrnehmung gibt, dass wir nicht alles abgebildet haben, dass wir zu spät vielleicht erst auf die Kritiker eingegangen sind, dass wir vielleicht auch zu wenig kritisch berichtet haben. Und die Erkenntnisse daraus sind wichtig für unser jetziges Arbeiten. Wir befinden uns ja auch jetzt noch in einer Zeit der großen, auch emotionalisierten gesellschaftspolitischen Debatten."

Und Gabriel Kords, damals Chefredakteur beim Nordkurier, sagt: "Wir haben zum einen gelernt, dass die alte journalistische Weisheit‚ 'glaube nichts, aber halte alles für möglich', eine gute ist. Dass man sozusagen es zulassen muss, dass Menschen kritische und abweichende Standpunkte äußern, dass man versuchen muss, sie zu hinterfragen und nicht von vornherein davon ausgehen sollte, dass das gewiss nicht stimmt und dass das, was die Regierung sagt, bestimmt richtig ist. Diesen Trend gab es in der Corona-Zeit und den, das liegt eigentlich auf der Hand, halte ich für Journalisten schon für gefährlich."

Berichterstattung inzwischen vielstimmiger

Der Journalismus-Forscher Klaus Meier bescheinigt uns Medien im Verlauf der Pandemie einen besseren Umgang damit. Die Berichterstattung sei vielstimmiger geworden und kritischer. Dennoch müssen Journalistinnen und Journalisten misstrauisch bleiben den Regierenden gegenüber. Sie sollen deren Entscheidungen hinterfragen und Alternativen aufzeigen. Und wir sollen versuchen, die Nachrichtenlogik zu durchbrechen, die immer wieder nur die schlechten Meldungen nach oben und in den Fokus rückt, sagt Meier. Und das auch auf die Gefahr hin, dass positive Meldungen nicht die höchsten Einschaltquoten und Klickzahlen brächten.

 

Weitere Informationen
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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 21.03.2025 | 19:30 Uhr

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Coronavirus

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