20 Jahre Soko Wismar: 500 Morde als Segen für Wismar
3.000 Menschen machen mittlerweile pro Jahr eine Soko-Wismar-Stadtführung mit. Die Kulissen der ZDF-Krimiserie zu sehen, ist für viele eine Reise wert. Mit Glück treffen sie sogar die Stars der Serie.
Am 6. Oktober 2004 lief die erste Folge von Soko Wismar im ZDF. Es ist der damals vierte Ableger von Soko 5113 - dem Münchener Krimiserien-Klassiker aus den 70ern. Nach Soko-Serien-Ablegern aus Leipzig, Köln und Kitzbühel ist Wismar eine überraschende Drehort-Wahl des ZDF. 20 Jahre später startet im Oktober mit der 474. Folge die 21. Staffel. Gleichzeitig wird in Wismar und Umgebung weiter an der 24 Folgen langen Staffel gearbeitet. Viele Innenaufnahmen werden aber auch in Filmstudios in Berlin-Adlershof gedreht.
Und liegt der Fall auch noch so schwer, …
… "wir finden jeden Mister Unbekannt", singt Udo Lindenberg in der Titelmelodie seit der ersten Folge. Das beschreibt das Prinzip der Serie in alle Kürze. Der Zuschauer weiß, dass nach einer Dreiviertelstunde der Mord-Fall aufgelöst wird. Das gibt Sicherheit in der heutigen Zeit. Das spiegelt sich in den Einschaltquoten wider: Bis zu 4,5 Millionen sehen am Mittwoch ab 18 Uhr das ZDF. Das ist jeder 5. Zuschauer, der am Mittwochvorabend den Fernseher an hat.
Tödliche Verbrechen in schöner Kulisse
Für Wismar ist jeder Mord ein Glücksfall. Was auch an den Bildern abseits der Mordfälle liegt. Laut Darsteller Dominic Boeer gibt sich das Fernsehteam Mühe, die Stadt scheinen zu lassen. Besonders schöne Ecken werden gezeigt. Der Schauspieler kann sich vorstellen, dass Zuschauer auf die Idee kommen, nach Wismar zu fahren, "und dann landen sie hier und verbringen hoffentlich einen schönen Urlaub hier". Das bestätigt Sibylle Donath, die in Wismar Amtsleiterin für Tourismus und Kultur ist. Laut Donath hat vor einigen Jahren eine Befragung von Gästen ergeben, dass etwa 15 Prozent davon wegen Soko Wismar nach Wismar kommen.
Verbrechen lohnt sich nicht, aber bringt Einnahmen
2015 hatte die Wismarer Tourismuszentrale angefangen Soko-Wismar-Stadtführungen anzubieten. Dabei führt ein Gästeführer bis zu 30 Soko-Fans zu Fuß durch die Altstadt von Wismar vorbei an ehemaligen Drehorten der Serie. Anfangs konnten während 40 Führungen pro Jahr etwa 1.000 Fans die Kulissen der Serie erkunden. In diesem Jahr sind es mittlerweile etwa 120 Führungen mit 3.000 Besuchern. Manchmal trifft so eine Stadtführung auch direkt auf Dreharbeiten in der Stadt. Wenn es passt, nehmen sich einzelne Darsteller Zeit, den Fans Rede und Antwort zu stehen. Die Fans können mittlerweile aus einem großen Angebot von Soko-Wismar-Souvenirs wählen: Magneten, Pins, Schlüsselanhänger und Tassen. Seit einigen Wochen gibt es auch einen etwa 200 Seiten starken Reiseführer, den es deutschlandweit zu kaufen gibt. Ein weiterer Baustein, um Fans zu einer Reise nach Wismar zu motivieren. Wieviel Geld die Stadt damit verdient, bleibt ein Geheimnis. Die Tourismuszentrale hat eine Markenlizenzvereinbarung mit dem ZDF. Nach Angaben des Senders fließen die Lizenzgebühren in die Produktion der Serie. Und das wiederum bedeutet auch wieder Einnahmen in Wismar: Unter anderem für die Unterbringung des Drehteams. 40 Personen müssen in Hotels übernachten - plus die Darsteller der jeweiligen Folgen.
Große Dreharbeiten haben großen Platzbedarf
Die Wismarer selbst haben sich an die Dreharbeiten gewöhnt. Bis zu 60 Tage im Jahr wird in der Stadt oder Umgebung gedreht. Während Touristen an den Absperrungen der Dreharbeiten stehen bleiben, gehen die meisten Wismarer unbeeindruckt weiter. Allerdings gibt es auch Ärger: Zu einem Soko-Drehort gehört auch ein großer Fahrzeug-Tross. Lastwagen für die Kamera- und Lichttechnik, Masken- und Catering-Fahrzeuge und Toiletten-Anhänger nehmen viel Platz weg. Meistens Parkplätze, die dann den Wismarern fehlen. Das sorgt für Unmut, der unter anderem in den Sozialen Medien sichtbar wird. Aus Produktionskreisen ist aber auch zu hören, dass der Unmut selten direkt bei ihnen ankommt. Parkplatzsperrungen werden lange im Voraus angekündigt. Wenn doch wegen der Soko-Produktion ein Fahrzeug abgeschleppt werden muss, dann wird es auf einen nahegelegenen Parkplatz abgesetzt. Die Umsetzung zahle die Produktionsfirma. Die Fahrzeughalter würden dort hingefahren.
Serie bringt Stars nach Wismar – und eine unglückliche Liebe
Mit der Serie kommen auch bekannte Schauspieler in die Hansestadt an der Ostsee. Für Episoden-Hauptrollen waren das unter anderem Sophia Thomalla, Bjarne Mädel und Jördis Triebel. Anfangs zum festen Team der Soko gehörte Martin Brambach. Der Schauspieler konnte sich in den ersten drei Staffeln als Kriminaloberkommissar für größere Rollen in der Fernseh- und Kinowelt empfehlen. Claudia Schmutzler spielte 13 Jahre lang die weibliche Hauptrolle. Seit der ersten Folge dabei ist Udo Kroschwald als Erster Kriminalhauptkommissar Jan-Hinrich Reuter. Ähnlich lang ist die Geschichte seiner Beziehung zu der Rechtsmedizinerin Dr. Helene Sturbeck, gespielt von Katharina Blaschke. Dominic Boeer ist seit 17 Jahren dabei. Anfangs als Polizeihauptmeister, später als Kriminaloberkommissar Lars Pöhlmann. Er ermittelt aktuell zusammen mit Kriminalhauptkommissarin Karoline Joost. Gespielt von Nike Fuhrmann. Für Boeer ist die lange Dauer der Serie schwer begreifbar. Im Team zähle man sich all die Kinder auf, "die damals noch nicht mal eine Idee waren und die jetzt gerade kurz davor sind ihren Führerschein zu machen." Dann würde allen bewusst, was diese 20 Jahre für ein wahnsinniger Lebensabschnitt sei. Zu Beginn der Serie hätte niemand gedacht, dass die Serie in Wismar so lange laufen würde.