NDR Info - Redezeit
Dienstag, 02. April 2024, 20:33 bis
22:00 Uhr, NDR Info
Zweckehe statt Liebe - Warum tun wir uns mit der EU so schwer?
Hörerinnen und Hörer haben in der NDR Info Redezeit mit Experten diskutiert. Die komplette Sendung als Video-Mitschnitt.
Nur zwei Drittel der Bevölkerung interessieren sich laut Umfragen für die im Juni anstehende Europawahl. Warum fremdeln so viele mit der EU? Das war Thema in der NDR Info Redezeit.
Die Europawahl rückt näher - aus Deutschland sind 35 Parteien und sonstige politische Vereinigungen zugelassen, das hat der Bundeswahlausschuss am Karfreitag entschieden. Doch ein Fünftel der Bundesbürgerinnen und -bürger lassen die Wahl und die EU kalt - das zeigt eine im März veröffentlichte Studie des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung und des Progressiven Zentrums Berlin. Tendenziell sei das Interesse im Osten geringer als im Westen und im konservativen Lager geringer als im linken.
Wofür steht die Europäische Union heute?
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Die Europäische Union (EU) war über Jahrzehnte vor allem ein großes Friedensprojekt. Die Europawahl 2024 hingegen findet im Schatten multipler, auch sicherheitspolitischer Krisen statt. Verändert das unseren Blick auf die EU? Bei Umfragen sah regelmäßig eine große Mehrheit der Deutschen in der EU-Mitgliedschaft nicht nur politische, sondern auch wirtschaftliche Vorteile. Inzwischen hält die Hälfte aller Befragten hierzulande die Kosten der EU-Mitgliedschaft für Deutschland im Vergleich zum Nutzen für zu hoch. Sind sie das? Die Studienautoren sehen bei dem Meinungsbild einen Zusammenhang mit der kriselnden Wirtschaft hierzulande. Der EU-Binnenmarkt sei aber ein "Wohlstandsgarant für die Exportnation Deutschland" - das müsse die Politik deutlich machen.
Angesprochen auf den Wahlkampf wünscht sich eine Mehrheit einen anderen Fokus: Es sollte nur über die Themen gesprochen werden, die man nicht auf nationaler, sondern nur auf europäischer Ebene lösen kann: Migrations- und Klimapolitik etwa oder eben auch Verteidigungspolitik. Der Hamburger Politikwissenschaftler Enrico Liedtke appelliert darüber hinaus an die nationalen Parteien, europäische Integration ernst zu nehmen, wenn die EU nahbarer werden soll.
Ist das Fremdeln mit der EU auch eine Generationenfrage?
Mit der Absenkung des Wahlalters für die Europawahl 2024 haben in Deutschland erstmals über eine Million Jugendliche ab 16 Jahren die Chance, an einer Wahl teilzunehmen. Finden sie sich wieder? Das Potenzial ist da: Junge Deutsche vertrauen der EU eher als der Regierung, berichtete "Zeit Online" Anfang Februar unter Berufung auf eine Studie der Bertelsmann Stiftung. Für ihre Generation sei die EU mit ihren offenen Grenzen immer eine Selbstverständlichkeit gewesen, aber trotzdem abstrakt und weit weg, sagt Delara Burkhardt, die als jüngste deutsche EU-Abgeordnete seit fünf Jahren für die SPD in Brüssel ist. In ihrer schleswig-holsteinischen Heimat wirbt sie mit ihrem Schulprojekt "Europa-Denk-Schule" regelmäßig für mehr junge Stimmen in Brüssel und Straßburg. Inwieweit gehen sie und ihre jungen Kolleginnen und Kollegen in Brüssel die Politik anders an? Sie haben offenbar weniger Berührungsängste, parteiübergreifend an einem Strang zu ziehen, hat ARD-Hörfunkstudioleiterin Helga Schmidt beobachtet.
Die mit dem Grimmepreis ausgezeichnete Satire-Serie "Parlament" beweist: Das Thema EU kann begeistern. Müssen wir nur anders drüber reden? Welche EU-Geschichte würden Sie gern hören? Wir sollten nicht auf "jedes Projekt zeigen, das mit EU-Geldern gefördert wird, sondern Europa als politischen Ort, in dem wir unsere Stimme erheben und mitbestimmen müssen, sichtbar machen", so der Wunsch von Burkhardt. Doch wie genau gelingt das?
Was bedeutet die EU für Sie? Bei welchen Themen brauchen wir unbedingt europäische Lösungen? Was läuft aus Ihrer Sicht bei der EU schief? Darüber haben wir mit Ihnen diskutiert - vielen Dank für Ihre Beiträge!
NDR Info Moderatorin Birgit Langhammer begrüßte als Gäste:
Delara Burkhardt
SPD, Mitglied im Europäischen Parlament
Enrico Liedtke
Politikwissenschaftler, Haus Rissen Hamburg, Gesellschaft für Politik und Wirtschaft e.V.
Helga Schmidt
ARD-Hörfunkkorrespondentin im Studio Brüssel