NDR Info - Redezeit
Dienstag, 08. August 2023, 21:03 bis
22:00 Uhr, NDR Info
NDR Info Redezeit: Deutscher Bürokratiewahn - Was muss sich ändern?
Hörerinnen und Hörer haben in der NDR Info Redezeit zusammen mit Experten diskutiert. Die komplette Sendung als Video-Mitschnitt.
Ob es um ein Windrad geht, das schnell in Betrieb gehen soll, oder den Antrag einer Schule auf neue Computer: Wo nervt Bürokratie am meisten? Die Bundesregierung hat diese Frage einer Reihe von Verbänden gestellt. Herausgekommen ist eine lange Liste mit Vorschlägen zum Bürokratieabbau. Nun soll geprüft werden, welche davon in Gesetze wandern könnten.
Einer der 442 Vorschläge zum Bürokratieabbau sieht beispielsweise vor, Unternehmen, die Mobilnetze betreiben, grundsätzlich das Recht zur Grundbucheinsicht einzuräumen. Dadurch könnten diese schneller an private Eigentümer von Grundstücken und Gebäuden, die sich als Standorte für Funktürme eignen, herantreten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wünscht sich Reformen bei der Beantragung von Reha-Maßnahmen. Wären diese weniger kompliziert, könnte nach Einschätzung des DGB in etlichen Fällen eine Erwerbsminderung oder ein vorzeitiger Austritt aus dem Arbeitsleben vermieden werden. Und gleich mehrere Verbände fordern, dass Behörden verpflichtet werden sollen, bei Genehmigungsverfahren innerhalb bestimmter Fristen zumindest zu prüfen, ob alle notwendigen Unterlagen eingereicht wurden oder ob noch etwas fehlt. Die Vorschläge werden nun von den verschiedenen Bundesministerien geprüft. Das Ziel ist es, noch in diesem Jahr einen Referentenentwurf für ein Bürokratieentlastungsgesetz vorzulegen.
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Digitalisierung der Verwaltung geht nur schleppend voran
Die Verwaltung muss digitaler werden, das hat die Ampel versprochen. Gerade in der Corona-Zeit hat sich gezeigt, wie viel Nachholbedarf die Behörden haben. Schlagendes Beispiel war das Faxen der Corona-Inzidenzen durch die Gesundheitsämter. Die Meldung, dass der Bund seine Mittel für die Verwaltungsdigitalisierung drastisch zusammenstreicht, sorgt deshalb für Aufregung. Im kommenden Jahr wird der entsprechende Haushaltsposten im Bundesinnenministerium sinken - von aktuell 377 Millionen Euro auf nur noch gut drei Millionen Euro. 575 einzelne Verwaltungsangebote von Bund, Ländern und Kommunen sollten bis Ende 2022 online verfügbar gemacht werden - so sieht es das 2017 verabschiedete Onlinezugangsgesetz vor. Bis heute sind aber nur 128 Leistungen davon umgesetzt. Muss der Kampf gegen ausufernde Bürokratie energischer werden?
NDR Info Moderatorin Nina Zimmermann begrüßt als Gäste:
Prof. Dr. Jörg Bogumil
Politik- und Verwaltungswissenschaftler, Ruhr-Uni Bochum
Michael Seitz
Geschäftsführer der Hamburger Bau- und Ausbauwirtschaft sowie Bau-Innung Nord
Thomas Treff
Vorsitzender des dbb-hamburg beamtenbund und tarifunion