Das Feature

Tödliches Schweigen

Sonntag, 07. April 2024, 11:04 bis 12:00 Uhr, NDR Info

Das Auge eine 49-jährigen Mannes, der am Völkermord beteiligt war, spiegelt sich am 15.01.2006 in Ruandas Hauptstadt Kigali im Rückspiegel seines Autos. © picture-alliance/ dpa / Wolfgang Langenstrassen Foto: Wolfgang Langenstrassen
Im April 1994 ermordeten in Ruanda extremistische Hutu mehr als 800.000 Menschen, meist Tutsi. Die deutsche Rolle vor dem Genozid wurde bisher nicht aufgearbeitet.
Doku über deutsches und französisches Versagen beim Völkermord in Ruanda

Das Morden begann am 6. April 1994, als der damalige ruandische Präsident Juvénal Habyarimana unter bis heute ungeklärten Umständen bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Extremistische Hutu ermordeten innerhalb von nur 100 Tagen über 800.000 Menschen. Tutsi und gemäßigte Hutu wurden regelrecht abgeschlachtet. Und die Welt schaute tatenlos zu. Dass dieser Völkermord akribisch geplant war, ist heute erwiesen. Aber schon vor dem Genozid gab es Hinweise auf ein Massenmorden. Dies belegen Rundbriefe des evangelischen Pfarrers Jörg Zimmermann, der damals in Ruanda lebte und arbeitete. Auch die deutsche Botschaft in Kigali hatte Kenntnisse über Massaker. 1993 gab es sogar erste Planungen für den Krisenfall. Das belegen Akten des Auswärtigen Amtes. Doch Deutschland, als einer der größten Entwicklungshilfe-Geber damals, schwieg. Bislang gab es keine politische Aufarbeitung der deutschen Rolle vor dem Genozid in Ruanda. Autorin Sabine Wachs hat erstmals Akten eingesehen, die 30 Jahre gesperrt waren. Zusammen mit Zeitzeugen aus Deutschland, Frankreich und Ruanda und deren Dokumenten geht sie der Frage nach: War es ein bewusstes Wegschauen oder eine völlig falsche Einschätzung der Lage? Die Recherche führt sie auch nach Frankreich. Dort hat ein Historiker-Bericht aus dem Jahr 2021 dem Land eine "Mitverantwortung am Völkermord" zugeschrieben. Bis heute leben allerdings viele der Täter (Génocidaires) unbehelligt in Frankreich. Die französische Justiz tut wenig, um sie zu verfolgen. Ein ehrenamtliches Team um das franko-ruandische Ehepaar Alain und Dafroza Gauthier sammelt seit fast 30 Jahren Beweise, reicht Klagen ein, bringt Täter vor Gericht.

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Über die Autorin

Sabine Wachs war fünf Jahre ARD-Korrespondentin im Studio Paris (Hörfunk). Arbeitet für Feature und Dokus vor allem zu Deutsch-Französischen Themen. 2017 Deutsch-Französischer Journalistenpreis für ihr Feature "SOS im Mittelmeer", 2019 Ensemble-Preis für ihre Reportage zur Saarländischen Härtefallkommission, 2020 Civis-Medien-Preis für eine Reportage anlässlich des 5. Jahrestags der Anschläge vom 13. November 2015 in Paris. Aktuell Feste Freie Mitarbeiterin des SR, lebt in Saarbrücken und Paris.

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