Wie Firmen in Norddeutschland auf drohende US-Zölle schauen
Trump macht Ernst: In den kommenden Wochen sollen dem US-Präsidenten zufolge Zölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte sowie "auf Autos und alle anderen Dinge" aus Europa erhoben werden. Norddeutsche Firmen blicken besorgt auf diese Entwicklung.
Gegenüber Abhängigen wie der Ukraine mag der US-Präsident sich wie ein Bulldozer verhalten. Im Kampf mit wirtschaftlichen Wettbewerbern gibt er eher den Boxer: Er tänzelt, täuscht an, ein Schritt zurück und eine schnelle Gerade auf den Gegner - plus zehn Prozent Zoll auf alles aus China, das ist schon seit vier Wochen in Kraft. Doch es kommt zum Gegenschlag: Als Reaktion auf die US-Zölle hat China am Dienstag Vergeltungszölle verhängt. Das Land will Einfuhren von Hühnerfleisch, Mais und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus den USA fortan mit 15 Prozent besteuern, auf Soja und weitere Produkte soll ein Zollsatz von zehn Prozent gelten, wie das chinesische Handelsministerium mitteilte.
Zoll und Gegenzoll: Beim größten europäischen Flugzeugbauer Airbus rätseln sie nun, welche Zölle demnächst auf die Flugzeuge aus Hamburg und Toulouse zukommen.
Die Unsicherheit nagt überall in Norddeutschland
Wieviel, wann, worauf, wie lange - auch Airbus-Chef Guillaume Faury hat keine Ahnung. Aber er weiß: "Zölle in unserer Industrie wären ein Verlustgeschäft für beide Seiten. Für unsere Kunden, die amerikanischen Airlines, wäre das eine Kostensteigerung, also vermutlich höhere Preise für die Fluggesellschaften und die Endkunden. Aber wie viele andere können wir zurzeit nur abwarten."
Es ist die Unsicherheit, die überall nagt. Im mecklenburgischen Selmsdorf fertigt die "AKB Antriebstechnik" Spezialgetriebe. In Autozügen heben und senken diese Getriebe die obere Ladeebene - "Spindelhubwerk" nennt sich das. Superspeziell, gibt Geschäftsführer Moritz Hartenstein zu - aber auch US-Züge sind auf das Getriebe aus Mecklenburg angewiesen. Auch wenn es teurer wird durch Zölle: "Am Ende würde das amerikanische Kundenunternehmen darunter leiden. Ich mache mir aber Sorgen, weil es so eine Politik des Hin und Her ist. Man kann überhaupt nicht mehr mit einer stabilen Richtung rechnen. Die Entscheidungen sind gefühlt heute so und morgen so, und das macht es wahnsinnig schwierig."
Zölle auf alles Mögliche - und gegen die halbe Welt
US-Firmen geht es offenbar ähnlich: Etliche haben jedenfalls schnell noch untypisch große Bestellungen nach Schenefeld bei Hamburg geschickt. Dort produziert Harry Brot auch Spezialbrot für die USA, berichtet Konzernchef Thomas Blohm: "Wir hatten tatsächlich im Januar einen sehr großen Bedarf von unseren Kunden in den USA, weil jeder nochmal vor den vermeintlichen Zöllen die Lager voll machen wollte."
Angekündigt hat Trump Zölle auf alles Mögliche - und gegen die halbe Welt. Nach den Zöllen auf chinesische Produkte sind in der Nacht zu Dienstag auch Zölle für Waren aus Mexiko und Kanada in Kraft getreten. Dies berichteten unter anderem "New York Times" und der Sender CNN. Trump hatte zuvor in Washington gesagt, die Maßnahmen gegen Waren aus Kanada und Mexiko in Höhe von 25 Prozent würden von Dienstag an gelten.
Hapag-Lloyd-Chef vorerst gelassen
Deutschlands größte Reederei transportiert in Millionen Containern all die Waren, auf die womöglich bald Zölle fällig werden. Im Hamburger Hauptquartier bleibt Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben-Jansen vorerst gelassen: "Im Grunde genommen sind wir natürlich nicht froh, wenn es Zölle gibt, weil es ist nicht gut für den Welthandel und deswegen auch nicht für uns ist. Aber wir wissen auch von der ersten Periode, als Trump Präsident war, dass es sehr viele Zölle gab, aber dass am Ende der Welthandel sich doch noch relativ gut entwickelt hat."
Deutsche Exporte in die USA würden sich vermindern
In der Tat: Nach Gegenzöllen der EU setzte Trump damals die Zölle auf europäische Waren wieder aus. Dass es diesmal genauso laufen wird, darauf will niemand wetten. Am Kiel Institut für Weltwirtschaft hat Julian Hinz berechnet, wie die angekündigten Zölle und Gegenzölle die deutschen Exporte in die USA vermindern würden: "Bei 25 Prozent Zoll würden wir ausgehen von 15 bis 18 Prozent Rückgang der Exporte insgesamt - das ist schon wirklich eine große Menge." Die USA sind immerhin Deutschlands größter Handelspartner. Nirgendwohin verkaufen wir mehr Waren als in die USA. Und genau das ist deren Präsident ein Dorn im Auge.
