Auf einem Rasenstück stehen Wahlplakate der Partei Bündnis 90/Die Grünen mit einem Portrait von Wirtschaftsminister Robert Habeck und von Die Linke mit dem Slogan "Alle wollen regieren. Wir wollen verändern." © picture alliance / Sulupress.de Foto: Marc Vorwerk
Auf einem Rasenstück stehen Wahlplakate der Partei Bündnis 90/Die Grünen mit einem Portrait von Wirtschaftsminister Robert Habeck und von Die Linke mit dem Slogan "Alle wollen regieren. Wir wollen verändern." © picture alliance / Sulupress.de Foto: Marc Vorwerk
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AUDIO: Mehr Parteieintritte in Norddeutschland vor der Bundestagswahl (4 Min)

Vor Bundestagswahl: Mehr Norddeutsche treten in Parteien ein

Stand: 14.02.2025 13:50 Uhr

In den letzten Wochen vor der Bundestagswahl sind auch in Norddeutschland mehr Menschen in eine Partei eingetreten als in den Monaten davor. Vor allem die Linke, die Grünen und die AfD vermelden einen deutlichen Mitgliederzuwachs.

von Sonja Puhl, Arne Bartram und Konstanze Nastarowitz

Wenn man den Landesverbänden im Norden Glauben schenken darf, dann laufen vielen von ihnen die Neumitglieder die Türen ein. Das ergab eine Abfrage von NDR Info. So hat beispielsweise die Linke nach eigenen Angeben alleine in Mecklenburg-Vorpommern seit Jahresbeginn rund 440 neue Mitglieder hinzugewonnen. Die Grünen in Niedersachsen meldeten sogar rund 1.400 Neumitglieder seit dem 1. Januar, die SPD Schleswig-Holstein, dass sie allein in den ersten beiden Wochen im Februar so viele Mitgliedsanträge bekommen habe wie sonst in zwei Monaten. Ähnlich ist das Bild bei der CDU in Hamburg: Sie meldete, dass es seit dem 1. Januar bis Mitte Februar 148 Neueintritte gegeben habe. Das seien deutlich mehr als sonst in rund eineinhalb Monaten. Auch die AfD verzeichnet demnach Zulauf: In Niedersachsen meldete die Partei rund 700 Neueintritte seit Jahresbeginn.

Parteienforscher: "Parteien melden zum Teil große Zuwächse"

Thomas Poguntke, Parteienforscher © privat Foto: privat
In der Zeit vor einer Wahl sind Parteien besonders sichtbar - das motiviere einige auch zum Parteieintritt, sagt Parteienfoscher Thomas Poguntke.

"Es ist bemerkenswert, dass die Parteien zum Teil recht große Zuwächse vermelden", sagte auch Parteienforscher Thomas Poguntke auf NDR Info. Das sei natürlich auch etwas Eigenwerbung. Aber Wahlkämpfe seien tatsächlich immer Mobilisierungsphasen. "Während des Wahlkampfes sind die Parteien alle sehr viel sichtbarer als in normalen Zeiten. Sie sind auch in den Fußgängerzonen präsent, es gibt viel mehr Möglichkeiten, Menschen direkt anzusprechen und zu fragen 'Willst du nicht bei uns mitmachen?'" Allerdings scheine diesmal die Mobilisierung vergleichsweise hoch zu sein.

Mitgliederzuwachs offenbar vor allem bei Linken, Grünen und AfD

Insbesondere Linke, Grüne und AfD verzeichnen nach eigenen Angaben einen deutlichen Mitgliederzuwachs in den norddeutschen Landesverbänden. So hat die Linke im Januar laut einer Abfrage den größten Zulauf in Niedersachsen. "Die jetzige Dynamik übersteigt alles, was wir bisher erlebt haben", antwortete Ferry Marquardt, Pressesprecher der niedersächsischen Linken auf Anfrage von NDR Info.

Porträtbild des Parteienforschers Professor Uwe Jun. © dpa Foto: Harald Tittel
AUDIO: Experte Jun: Die Linke setzt wieder auf das Kümmerer-Image (6 Min)

Für viele Parteien geht es um mehr als in den Vorjahren

Auch in Schleswig-Holstein verzeichnet die Linke offenbar das stärkste Plus aller Parteien, deutliche Zuwächse werden auch in Hamburg gemeldet. "Es geht bei einigen Parteien ums Überleben, denken wir an die Linke oder die FDP", führte der Parteienforscher aus. In diesem Jahr würde es für viele um mehr gehen als in den Vorjahren. Die Positionen der Parteien würden gerade bei Themen wie Migrations- und Wirtschaftspolitik sehr weit auseinander liegen. "Die Akteure betreiben den Wahlkampf auch relativ zugespitzt. Das mobilisiert die Wähler dann schon eher, dann auch bei einer Partei einzutreten und da aktiv mitzumachen. Davon profitieren eigentlich alle Parteien - unterschiedlich stark." Für die FDP hat sich das allerdings offenbar nicht so ausgezahlt: Die Mitgliederzahlen stagnieren oder sind gar leicht gesunken.

Zahlen zu Neueintritten mit Vorsicht betrachten

Die Zahlen, die die Landesverbände herausgeben, müssen allerdings mit Vorsicht betrachtet werden. Denn die Erfassung der Zahlen wird von den Parteien teils unterschiedlich gehandhabt. Und nicht jeder, der einen Mitgliedsantrag stellt, tritt später auch der Partei bei und zahlt Beiträge. Außerdem dauert das Verfahren zur Aufnahme neuer Mitglieder bei den Parteien unterschiedlich lang. So weisen sie selbst darauf hin, dass die aktuellen Zahlen aus diesem Jahr noch vorläufig sind und sich noch Änderungen ergeben können.

Engagieren sich auch junge Menschen?

"Die Parteien vermelden, dass es zum Teil jüngere Menschen sind, die einer Partei beitreten", sagte Poguntke. Das wäre aus Sicht der Parteien wünschenswert. Denn die meisten Parteien leiden eher an Überalterung, sodass sich die Mitgliederzahl bei Parteien wie der CDU oder der SPD allein durch Todesfälle reduziert. Bei den Grünen sei laut dem Parteienforscher Überalterung weniger ein Problem, bei der Linken nur bis zu einem gewissen Grad. Zur Motivation für einen Parteieintritt, meinte er: "Die Gegnerschaft zur AfD hat sicher auf die Linke eine mobilisierende Wirkung. Das weiß man schon seit Längerem auch von den Grünen. Da ist die Linke im Moment ein Stück weit ein Profiteur."

Junge Menschen wollen ihre Themen vertreten wissen

Ein weiterer Aspekt: Junge Menschen möchten möglicherweise die Themen, die sie bewegen, stärker in die Parteien hineintragen. "Viele Zukunftsthemen wie die Rente oder auch bezahlbare Mieten spielen bei den meisten Parteien gar keine Rolle. Dadurch haben die Jungen auch das Gefühl, dass ihre Themen, ihre Belange gar nicht wahrgenommen werden", sagte der Psychologe und Generationenforscher Rüdiger Maas auf NDR Info. Das manifestiere sich zumindest im Wahlverhalten. Junge Frauen tendierten sehr stark, die Linke zu wählen. Vor allem diese Partei, aber auch die AfD habe verstärkt Zulauf von jungen Wählerinnen und Wählern. Eine große Rolle spielt dabei auch, dass für viele junge Menschen ihre Hauptinformationsquelle ausschließlich Social Media ist. Dort seien die Populisten überproportional stark vertreten.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 14.02.2025 | 09:07 Uhr

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