Energieberater Sascha Komoll © NDR Foto: Arne Schulz
Energieberater Sascha Komoll © NDR Foto: Arne Schulz
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AUDIO: Energieberater sind derzeit heiß begehrt (5 Min)

Hohe Preise für Gas und Strom: Unterwegs mit einem Energieberater

Stand: 20.02.2023 12:21 Uhr

Die Russland-Sanktionen haben Preise für Gas und Strom in die Höhe katapultiert und sorgen für volle Auftragsbücher bei Energieberatern. Sascha Komoll berät Eigenheimbesitzer dabei, ihre Häuser energetisch zu sanieren.

von Arne Schulz

Sascha Komoll biegt von der Hauptstraße ab in eine ruhige Seitenstraße. Zu seiner Linken ist eine lange Reihe mit Rotklinker-Bauten, die typisch sind für Lüneburg: "Diese Reihenhaus-Bebauung ist wahrscheinlich aus den 1970er-Jahren. Hier wurde auf den ersten Blick nicht großartig energetisch saniert." Von dem Rentner-Ehepaar, das er heute beraten soll, kennt der Energie-Experte bislang nur Namen und Adresse. 'Klimaschutz daheim' heißt ein Projekt der Stadt und des Landkreises Lüneburg. Bürgerinnen und Bürger können unabhängige Fachleute wie Sascha Komoll buchen und sie eine Stunde lang mit ihren Fragen löchern. Der Eigenanteil liegt bei 50 Euro. Das ist ungefähr ein Viertel des eigentlichen Beratungswerts.

Eine Stromrechnung mit Stecker und Taschenrechner. © fotolia.com Foto: Eisenhans
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Große Verunsicherung bei Verbrauchern

Das Paar, das im Radio anonym bleiben möchte, wirkt angespannt: Sie haben viele Fragen, aber nur wenig Zeit. Der Gaspreis hat sich bei ihnen verdreifacht. Deshalb heizen sie deutlich weniger als früher. Und deshalb schmeißen sie jetzt öfter den Ofen im Wohnzimmer an. Die hohen Preise für Gas und Strom sind seit einem Jahr in fast jedem Beratungsgespräch ein Thema, sagt Sascha Komoll: "Bei allen ist die Verunsicherung groß, und vieles ist angstgetrieben." Angst, dass die Energiekosten einem über den Kopf wachsen. Aber auch Sorge, dass die Rücklagen - angesichts stark gestiegener Materialpreise - nicht ausreichen für eine umfangreiche Sanierung des eigenen Hauses, sagt der Energieberater: "Keiner weiß, wo das ganze Spiel hingeht, wo die Energiekosten am Ende landen. Da stellen sich viele die Frage, sollen wir es aussitzen oder jetzt oder unter Druck handeln?"

Ab 2024 gelten neue Regeln für Öl- und Gasheizungen

Welche Investition sich rechnet, ist kaum kalkulierbar in der aktuellen Situation. In seiner Beratung spricht Sascha Komoll betont nüchtern und versucht zu beruhigen. Aber er hat auch unangenehme Botschaften im Gepäck, etwa zum Austausch alter Gasheizungen. Was viele nicht wissen: Voraussichtlich schon ab nächstem Jahr müssen neue Heizungen zu 65 Prozent mit Erneuerbarer Energie betrieben werden. Ein entsprechendes Gesetz ist in Planung. Zur Wärmepumpe gäbe es dann kaum noch Alternativen. Und damit so eine Pumpe effizienter arbeitet, wird der Einbau oft mit einer Sanierung kombiniert. Die Gesamtkosten belaufen sich auf mehrere zehntausend Euro - ein Schock für seine Gesprächspartner. Wenn Menschen in Zukunft keine Gasheizungen mehr einbauen, sondern grüne Technologien, können sich Investitionen bis zu einem Vierfachen erhöhen, sagt der Energieberater.

Energiewende brauchte Anschubs

Und darauf seien nach seiner Erfahrung nur wenige Hausbesitzer gut vorbereitet. Komoll sieht das mit gemischten Gefühlen. Einerseits versteht er die Sorgen seiner Kunden - andererseits wünscht sich der Inhaber des Klimawerks Lüneburg schon seit Jahrzehnten mehr Tempo für die Energiewende. Und da stünden die Chancen im Moment so gut wie schon lange nicht mehr: "Es musste wahrscheinlich - leider muss man das so sagen - irgendwas in der Weltpolitik passieren, damit die Energiewende vorangetrieben wird. Die Diskussionen gibt es ja nun schon seit vielen Jahren und irgendwie ist nie so recht was passiert."

Berater auf Monate ausgebucht

Jetzt sind Energieberater wie er auf Monate ausgebucht. Und Energie sparen und neue Heizungen sind plötzlich im Trend. Das Wachstum allein bei Wärmepumpen beträgt mehr als 50 Prozent. Allerdings werden noch immer am häufigsten Gaskessel verbaut. Und die Entscheidung über eine neue Heizung trifft am Ende nie der Berater, sondern immer die Kunden.

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