"Russland macht sich Offenheit westlicher Staaten gezielt zunutze"
Ein neues Datenleck zeigt Desinformationskampagnen einer russischen, kremlnahen Agentur. Die Gefahr solcher Kampagnen sei in Deutschland über viele Jahre systematisch unterschätzt worden, sagt FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle auf NDR Info.
Dokumente aus dem Datenleck, die NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" mit internationalen Partnern ausgewertet haben, machen deutlich, wie die Stimmung in westlichen Ländern durch Russlands Narrative beeinflusst werden soll - bestehende gesellschaftliche Konflikte sollen gestört werden. Die Fakenews werden von Bots und Fake-Accounts bei Social Media verbreitet.
Auch für Deutschland werden konkrete Ziele formuliert. So soll zum Beispiel die Zustimmung zur AfD gesteigert werden, mehr als die Hälfte der Deutschen soll Angst vor der Zukunft spüren.
"Menschen in Deutschland besonders anfällig für Kreml-Narrative"
FDP-Innenpolitiker Kuhle nannte es im Interview auf NDR Info nicht überraschend, dass Russland vor allem Deutschland im Visier habe. Denn die Menschen hierzulande seien für Narrative aus dem Kreml besonders anfällig. "Der Grund für die Anfälligkeit der deutschen Gesellschaft liegt zum einen darin, dass wir uns einbilden, anders als östliche Verbündete ein besonderes Verhältnis zu Russland zu haben." Das habe man bei der Diskussion über Nordstream gesehen, so Kuhle.
Andere Staaten weniger anfällig
"Es hat aber schlichtweg auch mit Interessen zu tun." Über viele Jahre hinweg sei in Deutschland mit günstiger Energie aus Russland Geld verdient worden. Die Einflussnahme Russlands sei dann besonders gefährlich, wenn sie unter dem Deckmantel von Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur erfolge, warnt der FDP-Politiker.
In osteuropäischen Staaten sei die Anfälligkeit der dortigen Gesellschaften für russische Erzählungen signifikant geringer, so Kuhle. "Deswegen müssen wir von unseren Verbündeten im Osten Europas lernen, die schon seit vielen Jahren wissen, was Russland dort im Schilde führt."
BSW genauer in den Blick nehmen?
Kuhle weist zudem darauf hin, dass der Aufstieg des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) genauer in den Blick genommen werden müsste. "Das, was da teilweise verbreitet wird, das kommt eins zu eins aus der Kreml-Propaganda, die wir jetzt auch in dieser Recherche sehen."