Havarierte "Ruby": Frachter mit explosiver Ladung muss nach Malta
Die Odyssee eines havarierten, mit russischem Ammoniumnitrat beladenen Frachters soll in Malta enden. Die "Ruby" nimmt somit Kurs auf ihren Flaggenstaat, wie der NDR von der norwegischen Schifffahrtsbehörde erfahren hat.
Der mit rund 20.000 Tonnen hochexplosivem Ammoniumnitrat beladene havarierte russische Frachter "Ruby" muss nach Malta geschleppt werden. Das habe die norwegische Schifffahrtsbehörde dem ARD Studio Stockholm am Montagmittag bestätigt, sagte Korrespondentin Sofie Donges bei NDR Info. Malta sei für das Schiff verantwortlich, da es unter maltesischer Flagge fahre. Seit dem frühen Nachmittag bewege sich das Schiff wieder. In Malta solle die explosive Fracht zunächst entladen werden. Danach werde die "Ruby" repariert.
Die Odyssee des Frachters hatte bei Anrainerstaaten an Nord- und Ostsee Sorge ausgelöst. Denn er war manövrierunfähig, nachdem er kurz nach Verlassen des nordrussischen Hafens Kandalakscha in der Region Murmansk in einen Sturm geraten war, auf Grund lief und Schäden an der Steueranlage davontrug. Danach lag es zunächst in der norwegischen Stadt Tromsö, durfte dort wegen der Explosionsgefahr jedoch nicht repariert werden. Die "Ruby" wurde daraufhin entlang der norwegischen Küste gen Süden geschleppt. Seit Freitag lag es in internationalen Gewässern zwischen der norwegischen und dänischen Küste verankert.
Ursprüngliches Ziel waren die Kanaren
Ursprünglich sollte die "Ruby" die Kanarischen Inseln anlaufen. Nach der Havarie und der Fahrt in internationale Gewässer habe die Reederei offenbar erfolglos nach einem Nothafen in Nordeuropa gesucht, der das Schiff für die Reparatur entgegennimmt, sagte Donges.
Ein mögliches Ziel war Klaipeda in Litauen. Doch um dorthin zu gelangen, hätte der Havarist an den Küsten Dänemarks, Deutschlands, Schwedens und Polens vorbei durch die Ostsee geschleppt werden müssen.
Litauen verweigerte Einfahrt nach Klaipeda
Doch die litauischen Behörden verweigerten die Einfahrt in den Hafen von Klaipėda. Die schwedischen Häfen Göteborg und Uddevalla sollen ebenfalls abgewunken haben. Das dänische Schifffahrtsamt hatte dem beschädigten Frachter die Durchfahrt durch dänische Gewässer nur mit einem Lotsen an Bord erlaubt.
Fachleute: Ammoniumnitrat entzündet sich nicht ohne Weiteres
Nach Angaben eines Sprechers der Bundespolizei zur See handelt es sich bei der Ladung der "Ruby" "grundsätzlich um Gefahrengut". Ob eine konkrete Gefahr von der Ladung ausgehe, sei nicht bekannt. Ammoniumnitrat ist Hauptbestandteil vieler Düngemittel und kann bei großer Hitze explodieren. Laut Fachleuten geht von der Fracht aber keine unmittelbare Gefahr aus. Ammoniumnitrat sei eigentlich "ziemlich schwer zu entzünden", erklärte der Sprengstoffexperte Peter Hald von der dänischen Universität Aarhus im dänischen Sender "DR". Die Chemikalie explodiere nicht gleich, wenn das Schiff irgendwo anstoße "oder jemand etwas in die Ladung fallen lässt." Die dänische Zeitung "Information" zitiert den Marineanalysten Jens Wenzel Kristoffersen mit den Worten: "Beim Schleppen von Schiffen kann immer etwas passieren. Beim Abschleppen besteht immer ein Risiko. Von dem Schiff geht eine Gefahr aus."
Auslöser für gewaltige Explosion in Beirut 2020
Im August 2020 war Ammoniumnitrat laut Untersuchungsergebnissen Ursache für die verheerende Explosion im Hafen der libanesischen Hauptstadt Beirut. Dort sollen rund 2.750 Tonnen des Stoffes unsachgemäß gelagert worden sein. Bei der gewaltigen Explosion, die noch im 240 Kilometer entfernten Nikosia auf der Mittelmeerinsel Zypern zu hören gewesen sein soll und deren Erschütterungen einem Erdbeben der Stärke 3,5 entsprachen, waren mehr als 200 Menschen ums Leben gekommen und Tausende verletzt worden.