Frührente und dann weiter jobben: Lohnt sich das?
Wer Ende 50 oder Anfang 60 ist, überlegt vielleicht, demnächst in Frührente zu gehen. Andere fühlen sich pudelwohl im Job, oder sie fürchten, sich eine Frührente finanziell nicht leisten zu können. Seit Kurzem aber ist es deutlich attraktiver, beides zu kombinieren.
Früh in Rente zu gehen und trotzdem weiterzuarbeiten, kann finanziell sehr lukrativ sein. Das hat kürzlich die Stiftung Warentest herausgefunden. Ausschlaggebend dafür ist eine Lehre aus der Corona-Zeit: Um Pflegekräfte und Ärzte aus der Frührente wieder zurück in den Job zu locken, hatte der Bundestag die Hinzuverdienstgrenzen aufgehoben.
Mit anderen Worten: Wer in Frührente geht, kann trotzdem weiterarbeiten - und seit Jahresbeginn auch ganz ohne Anrechnung des Gehalts auf die Rente. Wer also beides will - Frührente plus Job - kann das schadlos tun. Finanztesterin Katharina Henrich spricht von einer "kleinen Rentenrevolution": "Das ist tatsächlich eine wahnsinnige Flexibilisierung. Arbeit und Rente zu kombinieren, lohnt sich jetzt deutlich mehr. Die Menschen haben im Alter viel mehr Gestaltungsspielraum."
Frührente vor allem für Menschen mit 45 Beitragsjahren lohnend
Henrich und ihre Kollegen von "Finanztest" haben lange gerechnet: Wie wirken sich Steuern und Sozialabgaben aus, wenn jemand neben seinem Gehalt auch noch Rente bezieht? Sie sind das für Durchschnitts- und Besserverdiener, für Akademiker und Menschen ohne Studium durchgegangen.
Natürlich steigen bei Doppelverdienst auch Steuern und Sozialabgaben. Aber unterm Strich, auf die verbleibenden 20, 30 Lebensjahre gerechnet, lohnt sich Frührente fast immer. Expertin Henrich empfiehlt, sie zu beantragen, egal, ob man weiterarbeiten oder aussteigen will. Finanziell sei sie vor allem für die sogenannten "besonders langjährig Versicherten" interessant, also jene Menschen, die früh angefangen haben zu arbeiten und so auf 45 Versicherungsjahre oder mehr kommen.
Zum Teil lohnender als Arbeiten bis zur Regelaltersgrenze
Wer die letzten Jahre im Job etwas kürzertreten will, geht vielleicht auf 50 Prozent Teilzeit und beantragt gleichzeitig Frührente. Bezieht man die verbleibenden Lebensjahre mit ein, ist das sogar lukrativer als Vollzeitarbeit bis zur Regelaltersgrenze: "Das hat uns auch ein wenig erstaunt, aber es ist tatsächlich so", sagt Henrich.
"Wenn man Steuern und Sozialabgaben mit einbezieht und auch den früheren Rentenbeginn, der steuerlich günstiger ist als ein späterer, dann kann am Ende herauskommen, dass man sich dann finanziell besserstellt als beim normalen Ablauf." Als normaler Ablauf gilt: Man arbeitet bis zur Regelaltersgrenze und bezieht erst danach die volle Rente.
Der Chef kann die Kombination aus Job und früher Rente übrigens nicht verweigern, haben die Finanztester bei Arbeitsrechtlern recherchiert: "Die waren alle der Meinung: Eine Frührente ist kein Grund, das Arbeitsverhältnis zu beenden", sagt Henrich.
Auch bei 35 Versicherungsjahren lohnt sich Frührente
Die Kombination aus Job und Frührente kann sich auch für Akademiker lohnen, die vielleicht nur auf 35 Versicherungsjahre kommen und bei Frührente also Abschläge hinnehmen müssen. Auf die verbleibenden Lebensjahre gerechnet, kann das verfügbare Jahreseinkommen in Summe höher ausfallen, als wenn man bis zur Regelaltersgrenze arbeitet und anschließend Rente bezieht.
Rentenversicherung berät - auch zu Nachteilen des Modells
Expertin Henrich empfiehlt zur Beratung als Anlaufstelle zunächst die gesetzliche Rentenversicherung: "Die Beratung da ist kostenlos. Man muss zum Beispiel sagen: 'Ich möchte eine Beratung zur Frührente und wie ich meinen Übergang in den Ruhestand gestalten kann', damit man einen entsprechend geschulten Mitarbeiter bekommt."
Der kennt dann auch die beiden Nachteile der Kombination aus Job und Frührente: Wer arbeitslos wird oder langzeiterkrankt, hat als Rentner weder Anspruch auf Arbeitslosen- noch auf Krankengeld.