VIDEO: Dömitz: Wie bereitet sich MV auf das Hochwasser vor? (3 Min)

Bevorstehendes Elbe-Hochwasser: Vorsichtige Entwarnung im Norden

Stand: 16.09.2024 19:23 Uhr

Starker Dauerregen in Osteuropa lässt den Pegelstand der Elbe seit dem Wochenende steigen. Mit rund einer Woche Verzögerung kommt die Hochwasser-Welle auch nach Norddeutschland. Die zuständigen Behörden bereiten sich vor, erwarten jedoch nicht so eine dramatische Lage wie 2002 oder 2013.

von Sonja Puhl und Daniel Sprenger

In den Hochwasser- und Überschwemmungsgebieten in Tschechien und im Südwesten Polens ist keine Entspannung in Sicht. Tschechiens Regierungschef Petr Fiala sprach von einem Jahrhunderthochwasser. Polen hat den Katastrophenzustand für die Hochwassergebiete in Teilen der Woiwodschaften Niederschlesien, Schlesien und Opole ausgerufen.

Die Wassermassen aus Tschechien erreichen mit Zeitverzögerung Deutschland. In Dresden ist der Wasserspiegel der Elbe schon mehr als viermal so hoch wie der dortige Normalstand von 1,42 Metern, im Tagesverlauf wird mit einem Überschreiten der Sechs-Meter-Marke gerechnet. Bei der Jahrhundertflut 2002 waren es 9,40 Meter.

Fließzeit bis Norddeutschland etwa eine Woche

Die Fließzeit einer Hochwasser-Welle ab der Landesgrenze zu Tschechien bis Niedersachsen beträgt etwa sechs bis sieben Tage. "Auch im niedersächsischen Teil der unteren Mittelelbe werden sich entsprechend voraussichtlich Ende der Woche deutlich steigende Wasserstände einstellen", sagte Carsten Lippe, Pressesprecher des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN).

Das Elbufer ist vor der Altstadtkulisse vom Wasser der Elbe überflutet. © picture alliance/dpa | Robert Michael
AUDIO: Meteorologe Stefan Laps: "Müssen keine Katastrophe befürchten" (2 Min)

In Deutschland nimmt ab Überschreiten der Alarmstufe 1 an einem Vorhersagepegel die Hochwasservorhersagezentrale Elbe in Magdeburg die Arbeit auf. Sie stellt zentral für die gesamte Elbe bis nach Geesthacht Vorhersagen und Warnmeldungen zur Verfügung. Aktuelle Informationen können auf dem Länderübergreifenden Hochwasserportal eingesehen werden.

Niedersachsen erwartet Anstieg der Wasserstände zum Wochenende

Weitere Informationen
Stadtgebiet von Bohumín-Pudlov. Im oberen Teil rechts ist das Umspannwerk zu sehen, das wegen Überschwemmung stillgelegt wurde. © picture alliance/dpa/CTK | Sznapka Petr Foto: Sznapka Petr
3 Min

Kommentar zum Hochwasser: "Klimakrise ist jetzt und hier"

Der Klimakrise seien politische Verhandlungen egal, meint Yasmin Appelhans. Es müsse jetzt mehr getan werden: Städte zu Schwammstädten umbauen, mehr Überflutungsgebiete - und weniger CO2-Ausstoß. 3 Min

Die Deichverbände und der NLWKN in Lüneburg beobachten die Entwicklung aufmerksam. Ein großes Hochwasser wie 2002, 2006 oder 2013 wird auf Basis der jüngsten Prognosen der Hochwasservorhersagezentrale Elbe von Montagmittag für den niedersächsischen Elbe-Abschnitt allerdings aktuell nicht erwartet. Dazu tragen nicht zuletzt einige günstige Begleitumstände bei, heißt es vom NLWKN: Die Prognose sagt nachlassenden Regen voraus, die Böden sind momentan nicht extrem gesättigt und die Elbe in Niedersachsen hat derzeit niedrige Wasserstände und damit große Kapazitäten für die zu erwartenden Wassermassen.

Großer Puffer: Derzeit noch Niedrigwasser an der Elbe

Am Montagmittag lag der Wasserstand der Elbe etwa am Pegel Neu Darchau bei 127 cm und somit deutlich unter Mittelwasser (242 cm). Ab einem Wasserstand von 550 cm ist das Innenministerium über die Lage zu informieren.

In Mecklenburg-Vorpommern lag der Pegelstand der Elbe am Montagvormittag bei 66 cm am Pegel Dömitz und bei 79 cm am Pegel Boizenburg und somit auch dort unter dem mittleren Niedrigwasser. Die Alarmstufe 1 an beiden Pegeln liegt bei 5 Metern.

Backhaus: Aktuell keine Gefahr an der Elbe in MV

"Wir gehen fest davon aus, dass es für Leib und Leben an unserem Elbschlauch keine Gefahren aus heutiger Sicht geben wird", erklärte Umweltminister Till Backhaus (SPD) am Montagnachmittag bei einer Pressekonferenz in Dömitz (Landkreis Ludwigslust-Parchim) an der Elbe. Die Fachleute aus seinem Ministerium gingen davon aus, dass die maximalen Wasserstände in Dömitz voraussichtlich am 24./25. September erreicht werden. In welcher Höhe die Wasserstände auftreten werden, sei derzeit nicht absehbar. "Dennoch sind wir auf alles vorbereitet und nehmen die Lage sehr ernst", sagte Backhaus. Die Hochwasserschutzanlagen des Landes seien in einem guten und wehrfähigen Zustand. "Tierhalter rufe ich dazu auf, ihre Tiere vorsorglich aus der Gefahrenzone zu bringen", betonte der Minister.

Weitere Informationen
Hochwasser-Schild © dpa | Soeren Stache Foto: Soeren Stache

Elbe-Hochwasser in MV: "Keine Gefahr im Verzug"

In Mecklenburg-Vorpommern wird der Scheitel des Elbe-Hochwassers erst am 25. September erwartet. Die Behörden geben leichte Entwarnung. mehr

Schleswig-Holstein: Moderater Anstieg der Elbe

Nach derzeitigem Stand sei in Schleswig-Holstein bis zum Ende der Woche ein moderater Anstieg der Elbe zu erwarten, teilte der Pressesprecher des Innenministeriums, Tim Radtke, am Montag auf Nachfrage mit. Allerdings handele es sich insgesamt um eine sehr dynamische Wettersituation, in der kleine Veränderungen auch große Auswirkungen auf die Vorhersage haben könnten. Die Behörden von Bund, Ländern und Kommunen würden deshalb die Lage in enger Zusammenarbeit beobachten, um bei Bedarf zeitgerecht die erforderlichen Maßnahmen treffen zu können.

Hamburg weniger stark betroffen

Hamburg ist von einem vom Oberlauf der Elbe kommenden Hochwasser nicht so stark bedroht, weil die Elbe hinter dem Stauwehr in Geesthacht breiter und tiefer wird und die ausgedehnten Wasserflächen des Hafens dem Wasser genügend Raum bieten.

In Hamburg wird es erst gefährlich, wenn eine besonders hohe Sturmflut von Richtung Küste aufläuft. In Kombination mit dem immer ergiebiegeren Regen kann es dann zusätzlich zu einem sogenannten Binnenhochwasser kommen wie 2022 im Bereich Bergedorf.

VIDEO: Bevorstehendes Hochwasser: Wie gut ist Hamburg vorbereitet? (2 Min)

Wetterlage erinnert an die "Jahrhundertflut" 2002

Vor dem Elbe-Hochwasser vor 22 Jahren hatte es im Osterzgebirge ebenfalls mehr als 300 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit geregnet. Zunächst hatte sich die Flutwelle von Tschechien kommend durch Dresdens Altstadt gewälzt, ehe sie am 21. August 2002 Norddeutschland erreichte - neun Tage nach den heftigen Niederschlägen im Erzgebirge und drei Tage, nachdem für die betroffenen Landkreise in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Katastrophenalarm ausgerufen worden war. Hitzacker in Niedersachsen wurde seinerzeit besonders stark von den Wassermassen getroffen. Insgesamt richtete die "Jahrhundertflut" einen Schaden von 11,6 Milliarden Euro an.

Weitere Informationen
Eine Straßensperre wegen Hochwasser. © picture alliance/dpa | Daniel Vogl Foto: Daniel Vogl

Pegelstände: So viel Wasser führen Elbe, Weser, Ems und andere Flüsse

Wie ist die Hochwasserlage und wie sind die Pegelstände von Flüssen in Ihrer Region? Die aktuelle Lage im Überblick. mehr

Die Häuser des Luftkurortes Rathen spiegeln sich im Hochwasser der Elbe. © Jan Woitas/dpa/dpa-tmn

Hochwasser in Europa: Kanzler Scholz sagt Nachbarstaaten Hilfe zu

Polen hat für einen Zeitraum von 30 Tagen den Katastrophenzustand in den Hochwassergebieten ausgerufen. Mehr im Liveblog bei tagesschau.de. extern

Feuerwehrleute gehen über einen Schutzdamm aus Sandsäcken.  Foto: Lars Gröning

Land unter: Die Jahrhundertflut an der Elbe

Starkregen lässt Elbe und Nebenflüsse im Sommer 2002 extrem anschwellen. Am 21. August erreicht die Flutwelle Norddeutschland. mehr

Hochwasser, Hitzacker, 2002, Elbe, Elbhochwasser

Jahrhunderthochwasser 2002 entlang der Elbe im Norden

Tausende Helfer kämpfen im Sommer 2002 gegen die Naturgewalt an, Anwohner müssen in Notunterkünften ausharren. Bildergalerie

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 16.09.2024 | 16:00 Uhr

Ein Smartphone mit einem eingeblendeten NDR Screenshot (Montage) © Colourbox Foto: Blackzheep

NDR Info auf WhatsApp - wie abonniere ich die norddeutschen News?

Informieren Sie sich auf dem WhatsApp-Kanal von NDR Info über die wichtigsten Nachrichten und Dokus aus Norddeutschland. mehr

Eine Frau schaut auf einen Monitor mit dem Schriftzug "#NDRfragt" (Montage) © Colourbox

#NDRfragt - das Meinungsbarometer für den Norden

Wir wollen wissen, was die Menschen in Norddeutschland bewegt. Registrieren Sie sich jetzt für das Dialog- und Umfrageportal des NDR! mehr

Mehr Nachrichten

Die Polizei führt am Grenzübergang Bad Bentheim eine Verkehrskontrolle durch. © dpa Foto: Lars Penning

"Keine Lösung": Kritik aus Niedersachsen an Grenzkontrollen

Grüne sind überzeugt: Grenzkontrollen schüren falsche Erwartungen. Auch die SPD äußert Bedenken. mehr