Teil-Legalisierung von Cannabis: Kritik aus Hamburg
Der Bundestag hat die kontrollierte Freigabe von Cannabis in Deutschland beschlossen. In Hamburg gibt es viel Kritik an der Teil-Legalisierung der Droge.
Dem Gesetz zufolge sollen Besitz und Anbau von Cannabis zum 1. April mit zahlreichen Vorgaben für Volljährige zum Eigenkonsum legal werden. Am Freitag stimmten im Bundestag 407 Abgeordnete für die Neuregelung, 226 Abgeordnete dagegen und es gab 4 Enthaltungen.
Hamburger Ärztekammer lehnt Legalisierung ab
Die Hamburger Ärztekammer lehnt die vom Bundestag beschlossene Legalisierung von Cannabis ab. "Aus medizinischer Sicht ist völlig klar, dass Cannabis-Konsum insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen negative Folgen für Gedächtnis- und Lernleistungen hat", sagte Kammerpräsident Pedram Emami am Freitag. "Mir ist daher unerklärlich, warum der Gesetzgeber hier keine strengeren Vorschriften vorsieht."
Ärztekammer: Legalisierung führt nicht zu weniger Konsum
Zudem sei es fatal, in erster Linie auf eine digitale Aufklärungsplattform zu setzen und die lokale Präventionsarbeit zu schwächen. "Das ist zu wenig, um Jugendliche und junge Erwachsene wirklich zu erreichen", warnte Emami. Zudem seien regionale Konsumverbote rund um Schulen und Jugendeinrichtungen in der Praxis - gerade in einer Stadt wie Hamburg - schwer umsetzbar. "Es ist auch ein Irrglaube anzunehmen, dass eine Legalisierung von Cannabis zu weniger Konsum und größerem Risikobewusstsein bei Jugendlichen führt."
"Kein Grund, gesundheitsschädliche Substanz zu legalisieren"
Das Gesundheitssystem werde schon heute stark durch die Folgen des Konsums von Alkohol und Nikotin belasten. "Auch daher sehen wir keinen Grund, eine weitere gesundheitsschädliche Substanz zu legalisieren", so die Ärztekammer.
Polizei vor praktischen Problemen
Für die Polizei stellen sich viele praktische Probleme. Wie sollen zum Beispiel die Verbotszonen rund um Kindergärten und Schulen kontrolliert werden? Außerdem wird es schwerer, den Straßendeal zu verfolgen. Der bleibt zwar illegal, aber künftig kann jeder Dealer behaupten: Das ist legaler Stoff aus privatem Anbau.
Großer Aufwand für die Justiz
Wegen der Legalisierung des Besitzes geringer Mengen Cannabis müssen in Hamburg außerdem zahlreiche Verfahren überprüft werden. Denn nach dem Gesetz wirkt sich die Legalisierung nicht nur für die Zukunft und auf laufende Strafverfahren, sondern auch auf schon rechtskräftig verhängte Strafen aus, wenn die abgeurteilte Tat nach neuem Recht nicht mehr strafbar und die Vollstreckung der Strafe noch nicht abgeschlossen ist. Dadurch entsteht ein großer Aufwand bei der Staatsanwaltschaft und den Gerichten. Schätzungen zufolge müssen Tausende Verfahren überprüft werden.
Justizsenatorin Gallina: Kommt für Länder zu schnell
Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) kritisierte deshalb das schnelle Inkrafttreten Cannabis-Legalisierung zum 1. April. Zwar sei ihr die eingeschränkte Freigage der Droge für Erwachsene "ein wichtiges und langjähriges politisches Anliegen", sagte Gallina am Freitag in Hamburg. "Es ist aber sehr schade, dass der Gesetzentwurf nun im Bundestag verabschiedet wurde, ohne dass den Ländern für die Vorbereitung der Umsetzung ausreichend Zeit gegeben wird." Wichtige Forderungen aus den Ländern seien zwar aufgegriffen worden, andere Punkte seien aber ignoriert worden, sagte sie. So werde die Justiz etwa durch die rückwirkende Straffreiheit belastet.
Lockerungen ab 1. April
Das Gesetz sieht vor, dass die bisher verbotene Droge Cannabis von 1. April an unter bestimmten Voraussetzungen freigegeben wird. Erlaubt werden soll für Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen legal werden und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. Kiffen im öffentlichen Raum soll unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden - konkret in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich. Erlaubt werden sollen auch nicht-kommerzielle "Anbauvereinigungen" für Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben - im Monat höchstens 50 Gramm je Mitglied. Spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes soll es eine erste Bewertung unter anderem dazu vorliegen, wie es sich auf den Kinder- und Jugendschutz auswirkt.