Nach Amoktat in Alsterdorf: Hamburg stellt Waffenbehörde neu auf
Nach der Amoktat bei einer Versammlung der Zeugen Jehovas im März im Stadtteil Alsterdorf wird Hamburgs Waffenbehörde neu aufgestellt. Sie bekommt mehr Personal und soll enger mit dem Landeskriminalamt zusammenarbeiten.
Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeipräsident Ralf Martin Meyer stellten am Dienstag im Rathaus ein Maßnahmenpaket vor. Wer in Hamburg eine waffenrechtliche Erlaubnis beantragt, soll in Zukunft anhand einer sehr ausführlichen Checkliste überprüft werden. Dass eine psychisch auffällige Person trotz Warnungen von Angehörigen legal eine Waffe besitzt, soll nicht mehr vorkommen können.
LKA bekommt "Kompetenzzentrum für Risikobewertung"
Neben diesem Regelwerk wird auch das Landeskriminalamt einbezogen. Dort will die Polizei ein "Kompetenzzentrum für Risikobewertung" aufbauen, das alle eingehenden Hinweise überprüft und auch mit der Waffenbehörde zusammenarbeiten soll. Die Waffenbehörde selbst soll von 27 Mitarbeitenden auf 33 aufgestockt werden. Vor allem Kontrollen von Waffenbesitzern und -besitzerinnen sollen verstärkt werden. Drei statt bisher zwei Teams sollen für angekündigte oder unangemeldete Überprüfungen zuständig sein. Polizeipräsident Meyer hält mehr als 300 Kontrollen pro Monat für möglich.
Innensenator Grote wünscht sich vom Bund eine Verschärfung des Waffenrechts. So sollte künftig jeder, der eine waffenrechtliche Erlaubnis beantragt, ein psychologisches Gutachten vorlegen. Bislang müssen das nur Antragsteller unter 25 Jahren. "Diese Altersbeschränkung wollen wir aufheben", sagte der Senator.
Amoklauf am 9. März bei Zeugen Jehovas
Bei dem Amoklauf am 9. März hatte der 35-jährige Philipp F. nach einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg-Alsterdorf sieben Menschen und sich selbst erschossen. Der Besitz der Tatwaffe war ihm von der Waffenbehörde genehmigt worden. Eine Überprüfung in seiner Wohnung nach einem anonymen Hinweis auf psychische Auffälligkeiten war wenige Wochen vor der Tat ohne weitere Maßnahmen geblieben.
Nach der Amoktat war auch bekannt geworden, dass ein Mitarbeiter der Waffenbehörde vor seiner Tätigkeit einen Nebenjob in dem Schießclub des Todesschützen hatte. Er soll laut Staatsanwaltschaft auch Kenntnis von den Hinweisen aus dem familiären Umfeld des Täters auf dessen psychischen Zustand gehabt, diese aber nicht innerhalb der Behörde weitergeleitet haben. Gegen den Mann laufen Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung.
Behörden-Mitarbeiter sollen genauer überprüft werden
Mit neuen Compliance-Regeln sollen jetzt Interessenkonflikte bei den Polizeibeamten und -beamtinnen in der Waffenbehörde umgangen werden. Wer beispielsweise eine Nebentätigkeit in einem Schießclub ausübt, soll nicht zugleich für die Waffenbehörde tätig sein. Auch entsprechende Hobbys sollen verbindlich abgefragt werden. Man werde in Zukunft bei Mitarbeitenden der Waffenbehörde sehr genau prüfen, wie es mit Nebentätigkeiten aussehe, sagte Grote dem Hamburg Journal im NDR Fernsehen. "Aber auch das Hobby Schießsport kann ein Hinderungsgrund sein. Da kommt es aber auf den Einzelfall an."
CDU-Fraktionschef Dennis Thering nannte die Verstärkung der Waffenbehörde "alternativlos". Nun komme es darauf an, das Maßnahmenpaket konsequent umzusetzen. Von der Linken und von der FDP hieß es, das Maßnahmenpaket mache die bis dato herrschenden Missstände in der Behörde deutlich. Die AfD begrüßte zwar die personelle Aufstockung in der Behörde, nicht aber ein schärferes Waffenrecht.