Menschen mit Migrationsgeschichte blicken auf die Bürgerschaftswahl
Am Sonntag wird in Hamburg eine neue Bürgerschaft gewählt. Welche Themen sind Menschen mit Migrationsgeschichte dabei wichtig? In Hamburg lebt die größte afghanische Community Deutschlands, der NDR hat sich dort umgehört.
Die Sternschanze in Hamburg ist ein junger, lebendiger Stadtteil. Am Schulterblatt, der bekanntesten Straße dort, steht eine Gruppe von Frauen, die eine Kampagne gestartet hat. Schekeba Jentsch zeigt auf eine frisch gestrichene Hauswand, darauf sind sie stolz: "Das ist ein Mural, die Initiative "Rechts kann uns kreuzweise". So wollen wir visualisieren und uns sichtbar machen für viele Menschen, die zu der schweigenden Mehrheit gehören."
Einsatz für mehr Miteinander, gegen Spaltung
Die Afghanin führt eine Organisation, die sich für Frauen in Afghanistan einsetzt. Die Stimmung im Wahlkampf hat Schekeba dazu bewegt sich zu engagieren. Ihr Mann ist Deutscher, ihre Kinder zur Hälfte deutsch. "Und ich möchte nicht, dass meine Kinder in einer Gesellschaft aufwachsen, wo sie unwillkommen sind, weil sie Migrationshintergrund haben", sagt Jentsch. Auf leerstehende Werbeflächen haben sie ihre Botschaft schreiben lassen - für mehr Miteinander und weniger Spaltung in der Gesellschaft.
"Mehr für den Standort Hamburg tun"
Migration haben sie als das dominierende Thema im Wahlkampf empfunden. Dabei gebe es gerade in Hamburg ganz andere, wichtigere Themen, sagt die Unternehmerin Homeira Amiri. Die Afghanin ist Chefin einer Hotelgruppe mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden, sie findet, die Politik sollte mehr für den Standort Hamburg tun. "Wenn Unternehmer unternehmerisch tätig sein können und das erfolgreich, dann können Sie Mitarbeiter einstellen, können sie investieren, dann können sie in Nachhaltigkeit investieren, in Mitarbeiter investieren." Und dann könnten sie auch höhere Löhne zahlen - das sei ja ein Kreislauf, so Amiri.
Forderung: Mehr in Bildung investieren
Um Hamburg für die Zukunft zu stärken, müsse auch in Bildung investiert werden, sagt Amiri: "Wir brauchen Bildung, die unsere Kinder wirklich auf die Zukunft vorbereitet, mit modernen Schulfächern mit praxisnahen Konzepten." Sie höre immer wieder, dass das schwierig sei, aber es sei auch machbar. Man müsse sich nur andere Länder angucken - wie die es machen und wie sie es erfolgreich machen. Diesen Weg müsse man jetzt gehen.
"Die Stimmung darf nicht umschlagen"
Auf Bildung setzen, das ist auch Aimal Jahel wichtig. Er betreibt eine Werbeagentur in Hamburg und hat die Werbefläche in der Schanze für die Kampagne zur Verfügung gestellt. "Gute Infrastruktur für Schulen, da muss noch viel gemacht werden. Da ich selber in der Jugendarbeit tätig bin, ist es auch wichtig, dass man Jugendlichen die Möglichkeit bietet, gerade nach der Pandemie sie zu unterstützen." Der 44-Jährige ist in Afghanistan geboren und in Hamburg aufgewachsen. Eines soll sich in seiner Stadt nicht verändern: "Dass auch diese freie und liberale Hansestadt so bleibt von der Stimmung her. Dass nicht die Ränder stärker werden und die Stimmung umschlägt."
Hamburg als weltoffene und starke Stadt
Genau das wünschen sich auch seine Mitstreiterinnen Shekeba Jentsch und Homeira Amiri. "Für mich ist Hamburg das Tor zur Welt, eine weltoffene und starke Kaufmannsstadt und diese Vision müssen wir weiter ausbauen, fördern aber halt auch stärken." Für Hamburg als weltoffene und starke Stadt - dafür werden sie am Sonntag, bei der Bürgerschaftswahl, stimmen.
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