"Letzte Generation": Durchsuchungen auch in Hamburg

Stand: 24.05.2023 18:51 Uhr

Mit einer großangelegten Razzia sind Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwoch gegen die Klimaschutzgruppe "Letzte Generation" vorgegangen. Auch in Hamburg gab es eine Durchsuchung.

Rund 170 Beamtinnen und Beamte durchsuchten ab dem frühen Morgen 15 Wohnungen und Geschäftsräume in sieben Bundesländern, darunter auch in Hamburg. Das teilten die Generalstaatsanwaltschaft München und das Bayerische Landeskriminalamt mit. Der Tatvorwurf lautet auf Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Wie viel beschlagnahmt wurde, ist bislang nicht bekannt. Festnahmen gab es zunächst nicht.

Büros am Jungfernstieg durchsucht

In Hamburg trugen Polizistinnen und Polizisten Kartons aus einem Bürogebäude am Neuen Jungfernstieg, in dem sich mehrere Kanzleien befinden. Zentraler Vorwurf der Polizei und Generalstaatsanwaltschaft ist, dass die Beschuldigten eine Spendenkampagne zur Finanzierung weiterer Straftaten organisiert haben sollen. So seien mindestens 1,4 Millionen Euro eingesammelt worden. Woher das Geld stamme, sei Gegenstand der Ermittlungen.

Staatsanwaltschaft: Zahlreiche Strafanzeigen

Auslöser der Ermittlungen und Durchsuchungen sind laut Staatsanwaltschaft zahlreiche Strafanzeigen. Die Gruppe "Letzte Generation" macht regelmäßig mit Sitzblockaden und Aktionen in Museen auf die Folgen der Erderwärmung aufmerksam. Die Mitglieder kleben sich dabei häufig fest - an Straßen oder auch an Kunstwerken.

Demo gegen Razzia am Jungfernstieg

Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten bei einer Demo in der Hamburger Innenstadt. Sie protestieren gegen eine Razzia gegen die "Letzte Generation". © NDR Foto: Ingmar Schmidt
"Klimaschutz ist kein Verbrechen": In Hamburg protestierten Unterstützer der Klima-Aktivisten gegen die Razzia.

Die Klimaschutz-Aktivistinnen und -Aktivisten selbst bestritten vehement, kriminell zu sein und riefen zu Protestmärschen auf. Auch Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten anderer Gruppen sowie Umweltverbände reagierten mit scharfer Kritik. Am Mittwochabend versammelten sich mehr als 100 Sympathisantinnen und Sympathisanten der Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten am Jungfernstieg, um gegen die Razzia zu protestieren. "Klimaschutz ist kein Verbrechen" stand auf einem der Transparente.

Innenministerin verteidigt Razzia

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verteidigte die Razzia. "Die heutigen Maßnahmen zeigen, dass der Rechtsstaat sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt. Polizei und Justiz nehmen Straftaten nicht hin, sondern handeln - so wie es ihre Pflicht ist", sagte Faeser den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Legitimer Protest ende immer da, wo Straftaten begangen und andere Menschen in ihren Rechten verletzt würden. Die Hamburger Innenbehörde äußerte sich bislang nicht.

Linke in Hamburg: "Ziviler ungehorsam ist nicht kriminell"

Die justizpolitische Sprecherin der Fraktion der Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft, Cansu Özdemir, sagte: "Ziviler Ungehorsam ist nicht kriminell, sondern gehört seit jeher zu den friedlichen Protestformen unserer Demokratie. Die Aktionen der 'Letzten Generation' mögen nicht allen gefallen - eine Demokratie kann und muss solchen Protest aber aushalten können." Die Kriminalisierung der Gruppe stelle einen erheblichen Angriff auf das demokratische Gemeinwesen und die Versammlungsfreiheit dar.

CDU und AfD: Vorgehen überfällig

Der Hamburger CDU-Fraktionschef Dennis Thering sagte, es sei gut, dass "endlich entschieden gegen die Klima-Kleber vorgegangen" werde. "Für die CDU bleibt klar, dass auf die Straftaten der Letzten Generation nur mit der vollen Härte des Rechtsstaates reagiert werden kann." AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann nannte die Razzia notwendig und längst überfällig.

Weitere Informationen
Aimee van Baalen (rechts), Sprecherin der Letzten Generation, und Marion Fabian, Aktivistin der Letzten Generation, sprechen auf einer Pressekonferenz. © Christoph Soeder/dpa

"Letzte Generation": Lob und Kritik nach bundesweiter Razzia

Ermittelt wird wegen der Bildung und Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Die Gruppierung bestreitet, kriminell zu sein. Es gab bereits Proteste. mehr

Ein Mann liest im Rahmen einer bundesweiten Kunstperformace der Aktivistengruppe "Letzte Generation" im Foyer der Galerie der Gegenwart der Hamburger Kunsthalle Texte über gewaltfreien Widerstand. © dpa Foto: Markus Scholz

Lesen statt kleben: "Letzte Generation" kooperiert mit Museen

Am Sonntag haben unter anderem Aktivisten der "Letzten Generation" in Museen gelesen, um ein Zeichen für den Klimaschutz zu setzen. Dabei war auch die Hamburger Kunsthalle. (22.05.2023) mehr

Polizisten und Teilnehmer einer Kundgebung der Gruppe "Letzte Generation" vor dem Michel in Hamburg. © NDR Foto: Finn Kessler

"Letzte Generation": Polizei verhindert Blockade-Aktion am Michel

Rund 40 Klima-Aktivisten versammelten sich vor dem Michel. Dort verhinderte die Hamburger Polizei einen sogenannten Bummelmarsch auf der Ludwig-Erhard-Straße. (23.05.2023) mehr

Klimaaktivisten der Gruppe "Letzte Generation" haben ihre Hände zusammengeklebt, um eine Straße  zu blockieren. © Bernd Thissen/dpa

"Letzte Generation" plant neue Protestaktionen in Hamburg

Hamburg muss sich wohl auf neue Aktionen der Gruppe "Letzte Generation" einstellen. Das deuteten deren Vertreterinnen bei einer Veranstaltung der Linken an. (03.05.2023) mehr

Ein Angeklagter sitzt im Gericht. © NDR/Elke Spanner Foto: Elke Spanner

"Letzte Generation": Klima-Aktivist muss 600 Euro Strafe zahlen

Der 59-Jährige wurde vom Amtsgericht Hamburg zu einer Geldstrafe verurteilt. Vom Bundesverfassungsgericht hofft er auf einen Freispruch. (02.05.2023) mehr

Zwei am Asphalt festgeklebte Hände. © picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Bürgerschaft: Aktionen von Klima-Aktivisten sorgen für hitzige Debatte

In der Hamburgischen Bürgerschaft wurde über den Umgang mit den Klima-Aktivisten der Gruppe "Letzte Generation" gestritten. (13.04.2023) mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 24.05.2023 | 15:00 Uhr

Mehr Nachrichten aus Hamburg

Trainer Merlin Polzin vom Hamburger SV © Witters

"Deutliche Entwicklung" - HSV befördert Polzin zum Cheftrainer

Der Fußball-Zweitligist geht mit Merlin Polzin als neuem Chefcoach in die Rückrunde. Das teilte der HSV am Sonntag mit. mehr