Kommentar: Klimaprotest muss Menschen mitnehmen und motivieren
Heute werden wieder Tausende Menschen auch auf Hamburgs Straßen gehen, um für das Klima zu protestieren. "Fridays for Future" ist zurück. Doch viele Menschen erreichen die Aktivisten und Aktivistinnen der Bewegung gar nicht mehr, wie der aktuelle ARD-Deutschlandtrend zeigt. Dabei ist das Ziel Klimaschutz so wichtig für uns alle, meint Severin Pehlke in seinem Hamburg Kommentar.
Klimaprotest muss Menschen mitnehmen und nicht gegeneinander aufbringen. Sonst ist er nicht wirksam.
Auf 75 Prozent der Deutschen haben Klimaproteste kaum noch Einfluss. Der Rückhalt in der Bevölkerung sinkt - und das liegt vor allem an den neuen Protestformen: 85 Prozent der Deutschen halten die Straßenblockaden der "Letzten Generation" für falsch. Vor zwei Jahren sprachen sich noch zwei Drittel für Klimaproteste aus - heute ist es nur noch die Hälfte.
Politik bewegt sich ohne gesellschaftlichen Druck nicht
Klar ist: Die Regierung muss mehr tun für den Klimaschutz. Darin sind sich die Aktivistinnen und Aktivisten von "Fridays for Future" und "Letzte Generation" einig. Wir steuern auf eine Katastrophe zu, längst zeigen sich die Folgen der Klimakrise auch bei uns in Deutschland. Aber ohne gesellschaftlichen Druck wird sich die Politik nicht bewegen - ob in Berlin oder in Hamburg.
"Letzte Generation": Form des Protests schadet Klimabewegung
Ich habe Respekt für die Leidenschaft und den Willen der Aktivistinnen und Aktivisten der "Letzten Generation". Und auch das Tempolimit und einen früheren Kohleausstieg halte ich für richtig. Aber ich befürchte: Ihr Protest schadet dem gesellschaftlichen Rückhalt für die Klimabewegung. Und gerade das setzt die Regierung eben nicht unter Druck! Im Gegenteil.
Einige werden erwidern: Protest muss laut sein und unbequem - sonst wird er nicht gehört. Schule schwänzen? Davon lässt sich Olaf Scholz nicht mehr beeindrucken. Und es stimmt: Wenn das Ziel der "Letzten Generation" ist, möglichst viel Aufmerksamkeit zu erzeugen, dann ist sie damit sehr erfolgreich.
Aber: Aufmerksamkeit allein reicht nicht. Die Proteste der "Letzten Generation" haben vor allem dazu geführt, dass über die Protestform selbst gesprochen wird. Wir reden zu viel über Kleber und Kartoffelbrei - und zu wenig über konstruktive Wege, wie wir der Klimakrise begegnen können.
"Fridays for Future" bringt breite Masse auf die Straße
Auch wenn die Demos von "Fridays for Future" nicht mehr für die ganz großen Schlagzeilen sorgen: Diese Form des Protests ist wichtig - denn sie bringt die breite Masse auf die Straße, von der Oma bis zum Enkelkind.
Ja, Protest muss auch stören. Aber am meisten hilft er, wenn er Menschen mitnimmt und sie motiviert: Sich zu informieren, zu engagieren, wählen zu gehen. Ohne Mehrheiten schaffen wir das nicht!