Kommentar: Hamburger Hauptbahnhof - Hauptproblem Überlastung

Stand: 06.04.2024 08:40 Uhr

Seit einer Woche gilt am Hamburger Hauptbahnhof ein Alkoholverbot. Das ist eine von vielen Maßnahmen, die für mehr Sicherheit sorgen sollen. Aber die Diskussion über die Zustände am Bahnhof lässt einen wichtigen Punkt außer Acht, meint Oliver Wutke in seinem Kommentar.

von Oliver Wutke

Der Hamburger Hauptbahnhof braucht mehr Sicherheit und Sauberkeit. Klingt brandaktuell, aber diese Forderung ist mehr als 30 Jahre alt. Henning Voscherau (SPD) hatte das 1991 im Wahlkampf gesagt. Damals war er Bürgermeister und hatte den Bahnhof zur Chefsache erklärt. Zehn Jahre später wurden die Zustände dort sogar zu einem wahlentscheidenden Thema: Norddeutschlands größte offene Drogenszene führte 2001 zur Abwahl von Rot-Grün.

Opposition hält Thema Hauptbahnhof am Köcheln

Ein Jahr vor der nächsten Bürgerschaftswahl scheint sich jetzt das politische Spiel zu wiederholen. Nach Corona ist wieder mehr Elend offen auf der Straße zu sehen und die Verbrechenszahlen steigen. So ist das fast überall in Deutschland, aber ganz besonders an Brennpunkten in Großstädten, so wie am Hamburger Hauptbahnhof. Die Konsequenz: Innensenator Andy Grote (SPD) bemüht sich nach Kräften, die sichtbaren Probleme in den Griff zu bekommen - auch aus Angst vor einem Wahldesaster wie 2001. Und aus genau diesem Grund versucht die Opposition, das Thema am Köcheln zu halten. Die CDU und auch die AfD werden nicht müde, vom gefährlichsten Bahnhof Deutschlands zu sprechen. Und die Linke beklagt wie schon vor 20 Jahren: Der Senat verdränge nur das Elend, statt zu helfen.

Mehr als eine halbe Million Menschen jeden Tag

Irgendwie scheint sich jeder auf seine Weise an diesem Bahnhof zu profilieren. Ich finde vieles von dem, was schon getan oder noch gefordert wird, richtig. Aber ich bin nicht sicher, ob das den Kern des Problems trifft: Der Hamburger Hauptbahnhof ist einfach völlig überlastet. Mehr als eine halbe Million Menschen sind da jeden Tag unterwegs. In einem Gebäude, das 1906 für einen Bruchteil dieses Verkehrs gebaut wurde. In engen und verwinkelten Tunnelanlagen und auf überfüllten Bahnsteigen.

Umbau wird schon seit Jahren diskutiert

Ich glaube, auch mehr Polizei, mehr Sozialarbeiter, mehr Putzkolonnen, Alkoholverbot und Sichtschutzwände gegen das Drogenelend werden diesen Bahnhof nicht zu einem Wohlfühlort machen. Denn manchmal wirkt schon das schiere Gedränge einfach beängstigend. Nun wird schon seit Jahren über einen Umbau diskutiert, der den Bahnhof übersichtlicher und mit deutlich mehr Platz gestalten soll.

Senat muss Bahnhofs-Umbau energischer vorantreiben

Erste Ideen gab es 2008, einen konkreten Entwurf seit drei Jahren. Aber allein der Anbau provisorischer Bahnsteigtreppen an der Steintorbrücke hat zwei Jahre gedauert. Und der ganz große Wurf, der geplante Komplett-Umbau? Der kommt wohl frühestens Ende der 30er-Jahre nach geschätzt zehn Jahren Bauzeit. Viel zu spät! Ich finde: Ein Hamburger Senat, der sich nun über Jahre intensiv mit dem Ersatz der Köhlbrandbrücke im Hafen befasst hat, der sollte es auch schaffen, diesen Bahnhofsumbau endlich energisch voranzutreiben! 550.000 Pendler und Reisende wären dafür dankbar. Jeden Tag.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | Der Hamburg-Kommentar | 06.04.2024 | 08:40 Uhr

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