NDR Elbphilharmonie Orchester
Freitag, 14. April 2023, 20:00 bis
22:00 Uhr
"Ich erinnere mich an mitreißende Aufführungen, wie ich sie sonst selten erlebt habe", sagt Alan Gilbert. Er hat "Scheherazade.2" von John Adams schon mehrfach aufgeführt - und 2015 auch die Uraufführung dirigiert mit dem New York Philharmonic Orchestra und Leila Josefowicz als Solistin.
"Scheherazade.2": Musik gegen das Patriarchat
"Scheherazade.2" ist quasi eine neue Version des orientalischen Märchens, das 1888 von Nikolaj Rimski-Korsakow vertont wurde. Erschüttert von dem Maß der Unterdrückung, unter dem Frauen in vielen Gesellschaften bis heute zu leiden haben, hat Adams ein Violinkonzert geschrieben. Darin nimmt die Solistin die Rolle einer modernen, selbstbewussten Scheherazade ein. "Hier wird die Geschichte aus der Perspektive der Protagonistin erzählt, also aus der Sicht von Scheherazade, die von der Sologeige verkörpert wird und mit Leila mit einer wahren Vollblutmusikerin besetzt ist: leidenschaftlich und virtuos. Dieses Stück nimmt das Publikum regelrecht gefangen", sagt Gilbert.
Einzigartig in der Geigenliteratur
Leila Josefowicz sieht das Stück als eine "großangelegte Sinfonie, in der die Geige die Hauptfigur spielt", in ihren Augen bisher einzigartig in der Literatur für Geige. "Bei jeder Aufführung - egal ob es zeitgenössische Musik ist oder eher Klassik oder Romantik - haben die Interpreten einen unglaublichen Einfluss darauf, wie die Musik wahrgenommen wird. Die Interpretation ist entscheidend für den Erfolg. Ich glaube, dass in den vergangenen Jahrzehnten die zeitgenössischen Werke oft nicht mit genügend Engagement aufgeführt wurden. Die Interpreten müssen alles geben, um diese Musik für das Publikum verständlich zu machen", findet Leila Josefowicz. "Es gab schon immer Uraufführungen - neue Musik ist nur neu, weil sie gerade in dem Moment entsteht. Es wird immer Uraufführungen geben, nicht nur in der Musik, überall, das ganze Leben ist eine große Uraufführung."
"Momentaufnahme der aktuellen Musikwelt"
Als "Momentaufnahme der aktuellen Musikwelt" hat Alan Gilbert das "Visions"-Festival bezeichnet. Und da darf natürlich auch der Finne Esa-Pekka Salonen nicht fehlen, der als Komponist äußerst wandelbar, innovativ und allen Medien gegenüber aufgeschlossen ist. Beim NDR und bei der Elbphilharmonie steht seine Musik derzeit zwei Spielzeiten lang im Fokus.
Salonens "Homunculus"
"Ein kleines Stück, das sich wie ein großes Stück aufführt", sagt Salonen über sein 2007 entstandenes Streichquartett "Homunculus". In Dauer und Form ist es sehr kompakt, inhaltlich aber sehr abwechslungsreich und vielfältig.
Eine Sendung von Chantal Nastasi.