NachGedacht: Murksen oder Die Kunst des Deals
Die Kunst des Deals wird gerade mit Hingabe gepflegt, nur leider nicht immer auch mit der nötigen Kunstfertigkeit. Von Trump über Merz bis Baerbock - ein kleiner Rundumschlag nach den Regeln der Kunst.
Beim Thema Kunst sind wir von der Kultur ja ein bisschen sensibel. Es sollte schon jemand richtig was können, damit die Kunst ihren Namen verdient. Dass sie ein Riesenfeld ist, die Kunst, streiten wir gar nicht ab: Selbst Kampfkunst kann durch schlaues Regelwerk und ästhetisch ansprechendes Knochenverdrehen, wie es bei formvollendetem Auf-den-Boden-Werfen und Ins-Sixpack-Treten zu bestaunen ist, irgendwie kunstförmig wirken. Und natürlich, das ist klar, gibt es auch die Verhandlungskunst.
Schneller Handel statt stabiler Pakt
"The Art of the Deal", ruft da ein hochgewachsener, in hochdezenter Gelbstichigkeit kunstgebräunter Mann aus der Kulisse. Wir können ihn aktuell dabei bewundern, wie er in Anwendung seiner Kunst vorläufig ungefähr das produziert, was ein in den Depots vor sich hinschlummerndes Gemälde auch zustande brächte, nämlich keinen nennenswerten Effekt. Putin sagt ihm dies oder das zu und macht dann weiter mit dem, was er sowieso vorgehabt hat. So geht das, wenn man das Wort "Deal" nur auf den schnellen Handel und das vorteilsbewusste Geschäft bezieht, statt auf sinnvolle und stabile Pakte für eine bessere Weltpolitik.
Die Deal-Künste des Friedrich Merz
Die Welt besteht aber nicht nur aus Trump. Auch anderswo wird ab und zu nicht ganz vollendet kunstvoll gedealt. Nein, keine Sorge, ich erwähne jetzt nicht die Deal-Künste des künftigen Kanzlers, die so raffiniert verborgen sind, dass man als tumbes Publikum bestimmt nur noch nicht begreift, wie das Tausend-Milliarden-Paket - oder waren es tausend Billionen? -, dieses megawumms-galaktische Doppel-Sondervermögen die Wasser all der Zugeständnisse zuletzt doch ganz allein auf die Mühlen des Merz lenken wird. Der Unions-Gewinn kann doch ganz, ganz bestimmt nicht nur darin bestehen, dass der Ich-will-so-gern-Kanzler zum Ich-bin-wirklich-Kanzler mutiert, ganz gleich, welche Sondervermögen das kostet. Nein, ich erwähne auch nicht, dass, bevor das Dealen begann, der Ich-bins-Friedrich-euer-Billion-Kanzler um kleine Nuancen anders sprach, als er beim Dealen gehandelt hat.
Man weiß es ja aus der Geschichte: Nicht selten reicht der Besuch eines ukrainischen Präsidenten im Weißen Haus, um mit der welthistorischen Lage zugleich das finanzpolitische Wertekorsett des aufrechten Konservativen in einer Minute um 360 Grad zu drehen, wie Frau Baerbock wohl sagen würde. Wobei 180 Grad völlig genügen, um fortan auf dem Kopf zu stehen. Nein, ich erwähne es nicht. Es wäre nicht seriös: Spätere Regierungskunsthistoriker werden uns haarklein darlegen, wie kunstvoll zuletzt doch alles gemacht war.
Die Gegenwarts-Kunst des ungepflegten Deals
Fiel im Vorbeidrehen gerade der Name Baerbock? Im Kleinen und eher Harmlosen beherrscht sie es auch, das 180-bis-360-Grad-Kunststück: Verzichtet am 5. März öffentlich darauf, künftig eine wichtige Rolle zu spielen, damit nach dem Leben auf "Highspeed" das Familienleben stressärmer gerät. Und 14 Tage später wird klar, dass sie "vor einigen Wochen" schon mit Herrn Merz gedealt, jedenfalls geredet hat, um an die Spitze der UN-Generalversammlung zu gelangen. Zwei Wochen, das sind ja doch eher wenige als einige Wochen, das Minimum, um überhaupt den Plural zu bilden. Das riecht schon ein bisschen unangenehm.
Aber nein, darüber sprechen wir nicht. Und auch darüber nicht, dass die Diplomatin Helga Schmid, die sich seit Juli 2024 auf Baerbocks neuen Job vorbereitet hatte, anderswo hin gedealt wird: So ist sie halt, die Gegenwarts-Kunst des ungepflegten Deals. Teile des Publikums allerdings grübeln, und ich gehöre dazu: Wäre es nicht halbwegs dringend, es mal anders zu versuchen? Richtig kunstvoll, sozusagen? Solange Deal-Murks statt Deal-Kunst herrscht, läuft doch das brackige Wasser nur auf die Mühlen ganz anderer Kräfte.
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