Stand: 29.04.2015 11:36 Uhr

Muslimischer Rap in Hamburg

von Stefanie Groth

Haram oder halal?

Das Rap-Duo "Poetic Pilgrimage" aus Bristol, bestehend aus Muneera Rashida Sukina und Abdul Noor, im Konzert. © Poetic Pilgrimage Music Foto: Danish Saroee
Muneera Rashida Sukina und Abdul Noor aus Bristol gründeten 2002 das Rap-Duo "Poetic Pilgrimage".

Zwei junge Frauen die rappen, noch dazu mit Kopftuch und über ihren Glauben: Das gibt es selten. Die zwei Britinnen Muneera Rashida und Sukina Abdul Noor machen als "Poetic Pilgrimage" seit Jahren zusammen Rap-Musik. Die beiden wuchsen als Kinder jamaikanischer Eltern im englischen Bristol auf. Im Jahr 2005 konvertierten sie zum Islam. Ihr Glaube ist auch Thema in ihren Liedern. Das kommt allerdings nicht bei allen gut an.

Öfters schon mussten die beiden mit besonders strenggläubigen Muslimen diskutieren, ob die Verbindung zwischen Hip Hop und Islam nicht haram, also verboten sei. Einige wenige Gelehrte lehnen Musik sogar generell ab. Die meisten aber sagen, Musik sei halal, also erlaubt, solange die Lieder nicht Dinge thematisieren, die gegen die Prinzipien des Islam verstoßen würden, also zum Beispiel Drogen, Gewalt oder Gottlosigkeit.

Rap und die Außenseiter-Identität

Muslimische Rapper haben die Szene von Beginn an mitgeprägt und tun dies bis heute. Von Afrika Bambaata über Wu-Tang Clan und Lupe Fiasco in den USA bis hin zu Kool Savas und Eko Fresh in Deutschland. Dass viele Rapper auch Muslime sind, hat aber nichts mit dem Glauben an sich zu tun, betont die Ethnologin Verda Kaya: "Hip Hop kam durch Filme wie Beat Street oder Wild Style auf. Das war Bronx, das war Ghetto. Und die deutsch-türkischen Jugendlichen konnten sich mit diesem Außenseiter-Dasein identifizieren. Es ging damals nicht darum, Türkisch zu sein. Es ging einfach nur darum fremd und benachteiligt zu sein, also zur sozialen Unterschicht zu gehören. Aber das dann eben auch positiv auszuleben und diese Kultur auch dafür zu nutzen, um gegen Rassismus zu kämpfen."

Gesellschaftliche Wahrnehmung der Jugendkultur

Verda Kaya hat an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder über deutschtürkischen Hip Hop in Berlin und Istanbul promoviert. Sie beobachtet die Szene seit 20 Jahren: "Von Anfang an ging es ja auch darum, zu welcher Gruppe gehöre ich? Und man kann an der Entwicklung der Rap-Musik einfach sehen, wie hat sich die Gesellschaft geändert, wie wurden die Jugendlichen wahrgenommen und wie haben sie das wieder verarbeitet und dagegen gekämpft?"

Textauszug aus "Wacht auf!" von One Step Ahead

„ (…) Jeder zweite behauptet, Muslime seien Terroristen.
Kein Wunder, wenn die Presse nur negativ berichtet.
Aber nein, es ist nicht wie es ist.
Vor Allah sind alle gleich, egal ob Moslem, Jude oder Christ.
Die Frau da vorne weiß genau, wie es ist.
Nur weil sie Kopftuch trägt, sagt man, wird sie unterdrückt.
Doch wer ist es, der ihr die Freiheit nimmt?
Es sind Vorurteile. Denn sie machen Menschen blind.
Drüben im Irak und Syrien beschießen sich die Brüder,
halten nicht zusammen und folgen den falschen Führern.
Irgendwie erinnert mich das an früher.
Es geht um Geld, um Macht, die Ideologie,
der teuflische Verführer. (…)“

In den 80er-Jahren wären die Jugendlichen als fremde Gastarbeiterkinder wahrgenommen worden, erklärt Kaya die Entwicklung. Nach dem Mauerfall und der deutschen Wiedervereinigung sah man in ihnen Ausländer, Türken, Kurden oder Araber. Und seit dem Irakkrieg und dem Anschlag auf das World Trade Center 2001 habe sich die Wahrnehmung zunehmend auf den Islam verengt. Die Jugendlichen werden meist auf ihren Glauben reduziert. Diesen Blick der Gesellschaft spiegeln sie allerdings in ihrer Rap-Musik wider. Denn Rap bleibt Gegenkultur, politische Meinungsäußerung und Protest - vor allem jenseits des Kommerzes.

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Freitagsforum | 01.05.2015 | 15:20 Uhr

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Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

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