Die Künstlerin Mahbuba Maqsoodi bemalt ein Kirchenfenster. © picture alliance/dpa Foto: Sven Hoppe
Die Künstlerin Mahbuba Maqsoodi bemalt ein Kirchenfenster. © picture alliance/dpa Foto: Sven Hoppe
Die Künstlerin Mahbuba Maqsoodi bemalt ein Kirchenfenster. © picture alliance/dpa Foto: Sven Hoppe
AUDIO: Mahbuba Maqsoodi: Mit Kunst Brücken bauen (5 Min)

Muslima Mahbuba Maqsoodi gestaltet Kirchenfenster

Stand: 05.01.2024 06:00 Uhr

Die Malerin und Zeichnerin Mahbuba Elham Maqsoodi stammt aus Afghanistan. Die Künstlerin ist Muslima und gestaltet christliche Kirchenfenster - für sie kein Widerspruch.

von Bita Schafineya

In Mahbuba Maqsoodis liberalem Elternhaus waren Frauen- und Menschenrechte ein wichtiges Thema: Ihr Vater gründete eine Mädchenschule in Afghanistan, Maqsoodi selbst arbeitete als Lehrerin an einem Mädchengymnasium in Herat. Mit ihrer Schwester Afifa setzte sie sich für Frauenrechte ein, bis Afifa 1979 auf offener Straße erschossen wurde.

Maqsoodi verließ das Land und begann ein Kunststudium in St. Petersburg. Später folgte sie ihrem Mann Fazl Maqsoodi nach Deutschland, wo sie noch heute lebt. Ihr aktuelles Projekt heißt Metamorphose: Für die Pfarrkirche St. Josef im oberpfälzischen Cham hat sie Kirchenfenster gestaltet.

Gedanken und Gefühlen eine Ausdrucksform geben

Es sind sieben Fenster über das Alte und sieben über das Neue Testament, die inspirieren sollen. Die schlichten Glasfenster in der St. Joseph Pfarrkirche sind durch insgesamt vierzehn Fenster mit biblischen Motiven ersetzt worden. Wenn es um Projekte aus anderen Kulturkreisen oder Religionen geht, beschäftigt sie sich zunächst monatelang mit Literatur, sagt Mahbuba Maqsoodi:

"Der Findungsprozess ist sehr spannend und schön. Zum Teil kann es sehr wissenschaftlich werden. Viel Recherche steht am Anfang. Dann aber spielen Empfindungen eine für mich sehr wichtige Rolle. Meine Kunst ist nicht dekorativ, es ist eine Mischung zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit. Die Aufgabe besteht darin, Gedanken und Gefühle zu kanalisieren und denen eine Ausdrucksform zu geben."

Kunst in sakralen Räumen soll zum Nachdenken anregen

Ihre Kunst in sakralen Räumen soll dazu anregen, sich kritisch mit Ansichten, Lehren und Denkfiguren auseinanderzusetzen. Kirchen eignen sich ihrer Meinung nach dafür besonders, denn anders als in einem Museum, ist die Kunst in Gotteshäusern dauerhaft und für viele Menschen zugänglich, betont Mahbuba Magsoodi:  

"Zuerst denke ich, dass Kunst an sich eine kritische Rolle ausführen kann. Die Kunst soll eine zeitgenössische Filterung von unterschiedlichen Themen der Gesellschaft aufzeichnen. Wenn wir uns die großen monotheistischen Glaubensrichtungen ansehen, dann sehe ich viele Gemeinsamkeiten wie Liebe, Respekt, Verzeihung und so weiter. Das möchte ich in meiner Arbeit wiedergeben."

Brücken zu Menschen in Afghanistan schaffen

Die Künstlerin Mahbuba Maqsoodi steht vor Zeichnungen und Glasmalereien und blickt nach vorn. © picture alliance/dpa Foto: Sven Hoppe
Mahbuba Maqsoodi ist eine international anerkannte Künstlerin, die sich zuletzt vor allem mit Kirchenfenstern einen Namen gemacht hat.

Ihr gehe es um Vielfalt im Leben, in der Religion und in ihrer Arbeit, Kirchenfenster zu gestalten. Für sie sei das kein Gegensatz. Mit ihrer Kunst möchte sie Brücken und Verbindungen zu den Menschen in ihrer Heimat schaffen, betont Mahbuba Maqsoodi.

Das zeige besonders eine Ausstellung in Hirsau, die auch Objekte von Maqsoodi zeigt: "Im Zentrum der Ausstellung sind zwei aktuelle Werke mit dem Titel 'Sein und Fragil'. Für die Ausstellung habe ich eine temporäre Installation aus vier blauen Ganzkörperschleiern kreiert. Die Erklärung meiner Kunst überlasse ich dem Betrachter oder Kunstkritiker. Damit möchte ich die Deutungsoffenheit bewahren. Mit dem Werk möchte ich den namenlosen Frauen in Afghanistan eine Stimme geben."

Künstlerin lernt als Kind persische Miniaturmalerei

Ihr Heimatland Afghanistan erlebte die Künstlerin während ihrer Kindheit als farbenfrohes und friedliches Land. Noch in der Schulzeit lernte sie die persische Miniaturmalerei: "Da meine Heimatstadt Herat nahe der iranischen Grenze liegt, waren erst die persischen Miniaturmalereien von großer Bedeutung. Die Ursprünge liegen in den Mytholgien, die Poesie und Lyrik spielt eine wichtige Rolle. Nach wie vor lese ich gerne Werke von Rumi, Hafez, Ferdousi, Chayyām und viele andere Klassiker, somit ist das eine wunderbare Symbiose", erklärt die Künstlerin.

Ambivalenz von Gut und Böse darstellen

Während sie die biblischen Geschichten aus ihrem Kulturkreis kennt, sind ihr die katholischen Heiligenlegenden gänzlich fremd gewesen. Das klassische Konzept von Heiligkeit lehnt die Künstlerin ab. Jeder Mensch habe gute und böse Seiten. Keine Seite stehe für sich allein. Diese Ambivalenzen möchte sie auch in ihrer Kunst ausdrücken:

"Superheldengeschichten empfinde ich grundsätzlich kritisch. Jeder Mensch hat in sich die Fähigkeit Gutes oder Schlechtes zu bewirken. Die Entscheidung liegt beim Einzelnen", erklärt Maqsoodi und fährt fort: "Eben da setze ich an. Die Kunst soll Fragen aufwerfen und nicht Antworten liefern. Ich sehe meine Rolle als Initiatorin unabhängig von der Glaubensrichtung."

Mahbuba Maqsoodi ist mittlerweile eine international gefragte Künstlerin. Ihre künstlerischen Anfänge in Deutschland waren aber alles andere als selbstverständlich. 2018 schließlich durfte sie an einem der größten Glasmalereiprojekte mitwirken: die Gestaltung der Kirchenfenster in der Abteikirche von Tholey im Saarland. "Das war ein Kunstwettbewerb und ich habe mich durchgesetzt", berichtet sie.

Maqsoodi gestaltet Fenster der Abteikirche von Tholey

29 Werke hatte Mahbuba Maqsoodi in der Abteikirche von Tholey erschaffen und somit Aufmerksamkeit erlangt. Zu dem Projekt zählen auch drei Fenster von Gerhard Richter. "Zirka hunderttausend Besucher kommen jährlich nach Tholay. Ich bekomme von überall Zuschriften. Es freut mich, dass die Arbeit bei den Menschen ankommt", sagt Maqsoodi.

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