Eine Schülerin schaut in ein islamisches Religionsbuch. © picture alliance/dpa Foto: Oliver Berg
Eine Schülerin schaut in ein islamisches Religionsbuch. © picture alliance/dpa Foto: Oliver Berg
Eine Schülerin schaut in ein islamisches Religionsbuch. © picture alliance/dpa Foto: Oliver Berg
AUDIO: Islamischer Religionsunterricht: Ein wichtiger Schritt zur Integration (5 Min)

Islamischer Religionsunterricht: Ein wichtiger Schritt zur Integration

Stand: 18.08.2023 06:00 Uhr

Wie in den anderen Konfessionen auch, wird vielerorts ein islamischer Religionsunterricht angeboten. Kinder und Jugendliche lernen dabei die Vielfalt des Islams und anderer Religionen kennen.

von Bita Schafi-Neya

Bereits 2003 startete das Land Niedersachsen mit dem Fach Islamischer Religionsunterricht an den allgemeinbildenden Schulen. Unterrichtet wird nach den Bestimmungen des Niedersächsischen Schulgesetztes. Zwar habe sich das Fach Islamische Religion gut etabliert. Dennoch gehe es immer noch viel zu langsam mit der Implementierung voran, betont Annett Abdel-Rahman, Islamwissenschaftlerin am Institut für islamische Theologie in Osnabrück: "Das liegt daran, dass wir zu wenige Studierende haben und dadurch auch ein Lehrkräftemangel im Bereich islamischer Religion, aber auch daran, dass die Einstellungspraxis im Moment ein bisschen kompliziert ist. Das bedeutet, dass manchmal Lehrkräfte nicht auf den ersten Blick ein Jobangebot erhalten. Und auf der anderen Seite gibt es immer noch Schulleitungen, die nicht wissen, dass es das Fach Islamische Religion gibt."

Großer Bedarf, aber zu wenig Lehrkräfte

Annett Abdel-Rahman © Annett Abdel-Rahman
Die Islamwissenschaftlerin Annett Abdel-Rahman ist Mitherausgeberin des Schulbuchs "Bismillah - Wir entdecken den Islam".

Islamischer Religionsunterricht ist dem christlichen im Prinzip ähnlich - er ist bekenntnisorientiert, das heißt, der Unterricht behandelt Themen aus muslimischer Perspektive. In Niedersachsen unterrichten momentan ungefähr 30 Lehrkräfte an zirka 60 Schulen. Das ist viel zu wenig, sagt Annett Abdel-Rahman, denn der Bedarf sei wesentlich größer: "Es gibt Schulleitungen, die eine große Angst haben vor dem Fach und es nicht einführen möchten, weil sie zum Beispiel die Vorstellung haben, dass sie dann sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund an ihrer Schule haben oder vielleicht Religion dann eine größere Rolle spielt. Sie kennen vielleicht auch die islamische Religion nicht und haben vielleicht eine sehr eigenartige Vorstellung davon."

"Bismillah": Schulbuch mit viel Feingefühl

Ein Blick ins Schulbuch "Bismillah - Wir entdecken den Islam" © Westermann Schulbuchverlag Foto: Annett Abdel-Rahman
Ein Blick ins Schulbuch "Bismillah - Wir entdecken den Islam"

Bereits seit zwölf Jahren arbeiten verschiedene Schulen mit dem Buch "Bismillah - Wir entdecken den Islam" aus dem Westermann Schulbuchverlag. Auf 64 Seiten erklärt die Broschüre mit Lesegeschichten, bunten Bildern, Ratespielen und Gedichten die islamische Welt. Sie informiert über Gottesvorstellungen, Engel, über den Propheten Mohammed als Vorbild für Muslime und über den Koran. Auch theologisch wird darin mit sehr viel Feingefühl und Wissen gearbeitet. So wurde auf Prophetenbilder verzichtet, betont die Mitherausgeberin Annett Abdel-Rahman: "Wir haben uns dazu entschieden, dass wir zum Beispiel Gott nicht abbilden. In Bildergeschichten, in denen es um Mohammed geht, bilden wir auch Mohammed nicht ab, sondern wir haben die Bildergeschichten so gestaltet, dass man das Gefühl hat, als wäre Mohammed gerade da gewesen und zur Seite gegangen - oder er sei ein anderer Prophet, der gerade mit seinem Volk spricht. Wir haben ein Bild gestaltet, das viele Menschen zeigt, die mit jemandem sprechen, und der Prophet steht genau da, wo das Bild endet."

Spielerisch wird den Schülerinnen und Schülern beigebracht, die Zusammenhänge des Islam zu erschließen - mit Geschichten und Bildern, die Religion greifbar machen sollen.

Weitere Informationen
Niedersachsen, Gifhorn: Baran (l.) und Hira spielen während der Eröffnung des christlich-muslimischen Kindergartens "Abrahams Kinder" an einem Tisch. © dpa-Bildfunk Foto: Hauke-Christian Dittrich

"Abrahams Kinder": Große Nachfrage bei christlich-muslimischer Kita

Seit fünf Jahren gehen in Gifhorn Kinder aus christlichen, muslimischen und konfessionslosen Familien gemeinsam in die Kita. mehr

Kinder lernen Vielfalt des Islams kennen

Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus vom Georg-Eckert-Institut für Schulbuchforschung in Braunschweig ist sich sicher, dass der islamische Unterricht ein wichtiger Schritt zur Integration für Grundschüler ist: "Dass man mitkriegt, dass auch der Islam unterschiedlich gelebt wird, dass es unterschiedliche Herkunft von Musliminnen und Muslimen auf der Welt gibt und dass es Menschen gibt, die den Islam auch unterschiedlich interpretieren und anwenden. Dass reflektiert wird, dass es auch noch andere Religionen gibt oder auch Nichtreligion gelebt wird, dass es also Menschen gibt die unterschiedliche Weltanschauungen haben und auch ohne Religion leben können."

In Schleswig-Holstein gibt es einen sogenannten islamkundlichen Unterricht in staatlicher Verantwortung. In Mecklenburg-Vorpommern wird bisher kein Islamischer Religionsunterricht angeboten. Niedersachsen ist - neben Nordrhein-Westfalen - Vorreiter: Dort hat sich der islamische Religionsunterricht längst etabliert. In Hamburg schlägt man jetzt einen anderen Weg ein: Als erstes Bundesland will man hier einen konfessionsübergreifenden interreligiösen Unterricht anbieten, an denen sich verschiedene Religionsgemeinschaften beteiligen.

Weitere Informationen
Schülerinnen melden sich während des Unterrichts © Körber-Stiftung/Maria Feck

Debatte um "Reli für alle" in Hamburg

Viele Jahre lag der interreligiöse Unterricht in Hamburg in der Verantwortung der evangelischen Kirche. Doch nun sollen auch die Muslime immer mehr Verantwortung übernehmen. mehr

Die Kuppel des Felsendoms in Jerusalem © NDR

Freitagsforum

Reportagen aus dem Alltag von Muslimen, Berichte über innermuslimische Debatten und Beiträge von Gastautoren zu aktuellen Themen. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Freitagsforum | 18.08.2023 | 15:20 Uhr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur Livestream

Weihnachten auf NDR Kultur

15:00 - 17:00 Uhr
Live hörenTitelliste