Das Konzert
Donnerstag, 21. November 2024, 20:00 bis
22:00 Uhr
Bruckner und Schönberg: die beiden Jubilare des Jahres 2024 scheinen auf den ersten Blick wenig gemeinsam zu haben: der Meister von St. Florian und der Schöpfer der Zwölftontechnik. Beide galten nicht primär als geistliche Komponisten, doch der Glaube prägte ihre Kunst. Für Bruckner war er unverrückbar und gottgegeben, für Schönberg eine Suche. Bruckners Messe verbindet liturgische Musik mit Konzertsaaltauglichkeit, Schönbergs "Jakobsleiter" transzendiert den Konzertrahmen und will den Menschen "zu Gott führen" (Schönberg). Beide glaubten an musikalische Gesetze: Bruckner sah sie in Tradition und Autorität, Schönberg als Vorahnungen einer höheren Ordnung, die er theoretisch zu erfassen suchte.
Bruckners Messe: Erster Erfolg
Es ist das Werk, das ihm den ersten großen Durchbruch bei Publikum und Kritik bescherte. Der Linzer Abendbote lobte es als "das Ausgezeichnetste, was seit langem in diesem Fache geleistet wurde". Eine andere Zeitung meinte, Herr Bruckner habe damit auch "eine Begabung für den höheren Stil, die Sinfonie, bewiesen." Aus heutiger Sicht bestätigt sich dieser Eindruck: Das Werk lässt bereits Elemente des Stils erkennen, der die späteren Sinfonien Bruckners prägt - gewaltige Steigerungsbögen, dichte Harmonien und ein Klang, der durch die Blechbläser oft eine feierliche Note erhält.
Schönbergs "Jakobsleiter": Weg zur Spiritualität
Einen völlig anderen Zugang zum Glauben und einen neuen Ton schlägt Arnold Schönbergs Jakobsleiter an. Der Komponist, der diesen September 150 Jahre alt geworden wäre, ließ sich für sein unvollendetes Oratorium von einer alttestamentarischen Erzählung inspirieren: Jakob, Abrahams Enkel, träumt von einer Leiter, die von der Erde bis zu Gott reicht. Für Schönberg symbolisiert diese Leiter die menschliche Suche nach Spiritualität. Sein selbst verfasstes Libretto vertont er in einer packenden Klangsprache aus spannungsreichen Soli, Sprechgesang, intensiven Chören und farbigem Orchesterklang, wodurch das Werk eine dramatische Wirkung entfaltet.
Eine Sendung von Stephan Sturm.