Album der Woche: Sol Gabetta und Bertrand Chamayou spielen Mendelssohn
Sol Gabetta und Bertrand Chamayou sind ein eingespieltes Duo. Die insgesamt fünf Werke für Cello und Klavier, die Mendelssohn hinterlassen hat, haben sie schon oft aufgeführt - jetzt liegen sie endlich auf CD vor.
Chopin und Schumann haben Gabetta und Chamayou schon aufgenommen. Mit ihrem neuen Doppel-Album bleibt dieses fantastische Duo in der Romantik mit den Werken für Cello und Klavier von Mendelssohn - aber das ist nicht alles: Die beiden weiten den Blick in unsere Gegenwart mit "Liedern ohne Worte", die Heinz Holliger, Wolfgang Rihm, Jörg Widmann und Francisco Coll eigens für dieses Duo komponiert haben.
Eine ganz neue Klangfarben-Welt
Gabetta spielt auf einem berühmten Stradivari-Cello mit umwickelten Darmsaiten, Chamayou auf einem Julius Blüthner-Flügel von 1859, aus der späten Phase der Hammerflügel. Das machen sie nicht alle Tage, das ist für sie eine besondere Herausforderung, das öffnet eine ganz neue Welt von Klangfarben. Und die Voraussetzungen der Tongebung auf dem Cello und dem Hammerflügel sind denkbar gegensätzlich:
"Wir haben keinen Hammer, wir haben einen Bogen, der sich von links nach rechts bewegt, während der Pianist von Nord nach Süd geht mit der Hand", erklärt Gabetta. "Es ist eine vollkommen andere Bewegung und Windrichtung. Ich glaube, dieser Julius Blüthner bringt in dem Schwung eine ganz andere Klangentwicklung, was den Pianisten sehr motiviert und dadurch diesem Duo einen ganz anderen Blick auf Mendelssohn erlaubt."
Der Ton des Cellos mit den besonderen Saiten ist weicher, gedeckter, wärmer, weniger strahlend. Für dieses Klangbild ist aber nicht nur Gabetta verantwortlich. Da ist der Tonmeister, der die Entscheidung trifft, wie er "den Klang präsentieren will und auch interpretiert", sagt die Argentinierin: "Ein Tonmeister interpretiert unsere Interpretation. Dann ist es auch eine Frage der Balance: Wie akzeptieren wir diese Aufnahme? Mit ein bisschen präsenterem Klavier oder Cello, oder mehr Artikulation, weniger Artikulation, einem dunkleren oder einem helleren Klang? Dann spielt das Instrument eine Rolle. Das Stradivari-Cello hat einen sehr weichen Klang, es hat keine Spur von Aggressivität."
Auch moderne Instrumente kommen zum Einsatz
Wie unterschiedlich das Mendelssohn-Klangbild sich zu modernen Instrumenten verhält, kann man auf diesem Doppel-Album wunderbar vergleichend hören - die vier Weltersteinspielungen der "Lieder ohne Worte" der Komponisten unserer Tage spielen die beiden auf einem modern eingestellten Cello von Gofriller und auf einem Steinway.
Gabetta und Chamayou haben sich als Teenager kennengelernt. Zuerst haben sie sich angefreundet, seit bald zehn Jahren nehmen sie gemeinsam auf und touren. Lassen Sie sich die nächste Gelegenheit nicht entgehen, diese beiden zu erleben - und vergleichen Sie den Klang im Saal mit dem des Tonmeisters.
Mendelssohn
- Genre:
- Klassik
- Zusatzinfo:
- Sol Gabetta, Cello; Bertrand Chamayou, Klavier
- Label:
- Sony Classical