Der große Auftritt der zweiten Geige
Bachs h-Moll-Messe, Beethovens 9. Sinfonie, Mozarts Zauberflöte: Es gibt Werke der klassischen Musik, die fast jeder schon einmal gehört hat. Aber "Klassik" - das ist viel mehr. Jeder Klassik-Fan und jeder Musiker hat seine Lieblingsstücke - und erst die ganze Vielfalt macht die Faszination deutlich, die von der klassischen Musik ausgehen kann. Wovon die Mitglieder des NDR Sinfonieorchesters schwärmen, darum geht's einmal im Monat im "Weltwissen Musik". In der zweiten Folge stellt der Geiger Hans-Christoph Sauer Mozarts Jupiter-Sinfonie vor.
"Ich hatte früher - und mit früher meine ich, so vor 25, 30 Jahren - gar nicht so den Zugang zu Wolfgang Amadeus Mozart.
Der hat mich gar nicht interessiert. Komischerweise ist es so: Je älter ich werde, umso interessanter wird er für mich", sagt Sauer, der seit 1984 zweiter Geiger im NDR Sinfonieorchester ist. Die berühmte Jupiter-Sinfonie von Mozart hat er schon unter rund 20 Dirigenten miterlebt. Doch so richtig ans Herz gewachsen ist sie ihm erst in den letzten Jahren.
Das gilt auch für seine eigene Stimme. Sie spielt oft nur eine Nebenrolle, aber genau darin liege ihr besonderer Reiz, meint Sauer: "Sie ist frei von diesen großen Melodiebögen, sie ist oft nur Begleitung. Aber die Begleitung hat für mich in dieser Sinfonie eine ganz zentrale Bedeutung. Die Melodie ist ohne diese Begleitung nicht denkbar. Die Einleitungstakte, die sehr wuchtig sind, spielen alle Geiger, und dann entwickelt sich eine kleine Melodie, und die wäre allein genommen nicht sehr aussagekräftig. Aber dadurch, dass sie einen Gegenpart bekommt - und den darf ich mitspielen - hat sie ein anderes Gewicht."
Jeder Ton ist am richtigen Platz
Die Jupiter-Sinfonie, die Sinfonie mit der Nummer 41, entstand 1788 und sie war Mozarts letzte. Sie gilt als eines der größten Meisterwerke der Klassik.
Ihr Reichtum erschließe sich jedoch nicht auf den ersten Blick, meint Sauer. Um die musikalische Reife des Stücks so richtig wertschätzen und genießen zu können, habe er selbst als Hörer und Mensch erst einmal reifen müssen: "Als ich jünger war, habe ich das als etwas langweilig empfunden. Das ist vielleicht der Grund, warum jetzt, wo ich über 30 Jahre beim NDR Sinfonieorchester bin, plötzlich eine ganz andere Sichtweise einsetzt. Ich höre und spiele diese Musik anders als vor vielen Jahren."
Auch habe sie für ihn nun eine andere Bedeutung als vorher. Sauer betont die Reduzierung aufs Wesentliche: "Da ist nicht viel schmückendes Beiwerk. Da ist jeder Ton genau am richtigen Platz, es ist keiner überflüssig, keiner zu viel. Das ist das Großartige, was ich überaus schätze, wo ich sage: Das ist ein Stück, das ich liebe und bei dem ich glücklich bin, dass ich das im Laufe der Zeit entdecken konnte."