Europäisches Hansemuseum: Reise ins London des Jahres 1478
Für die Lübecker Kaufleute war London im 15. Jahrhundert die wohl wichtigste Handelsmetropole. Die Hanse war damals so mächtig, dass sie am Hafen ihr eigenes Handelsterritorium beherrschte: den Stalhof. Das Europäische Hansemuseum in Lübeck lässt den jetzt wiederaufleben.
Nebelschwaden hängen über dem Hafenbecken. Es ist noch früh am Morgen. Ein Anleger in London, 1478. Noch ist es ruhig im Stalhof. Jeden Moment werden hier Kaufleute aus Lübeck, Danzig und Köln mit ihren Geschäften beginnen. Nur hinter einem Fenster brennt Licht. Die Schatten zweier Männer sind zu erkennen. Sie streiten. Prostitution steht hier nämlich unter Strafe.
"Man Rinck, du weißt doch, dass der Umgang mit solchen Frauen strengstens verboten ist."
"Ich sag dir wie es war. Ich saß hier ganz alleine und plötzlich steht da diese Tänzerin. Diese Joanne White in meiner Stube und du weißt schon. Jeder kennt sie. Sie hat mir ihre Dienste angeboten."
"Ach, auf einmal steht sie in deiner Stube. Wie ist sie denn durchs Tor gekommen?"
Das Schattenspiel hinter dem Fenster ist nur eine von vielen interaktiven Stationen im neu inszenierten Raum "London". Aufgebaut ist eine Weinstube, die Fassaden von Wohnungen, Fässer und Waren. Mehrere Projektoren lassen das Hafenbecken auf einer Leinwand lebendig werden. Treibgut schwimmt durch das Wasser.
Hanseprivilegien sorgen für Unmut in London
Ende des 15. Jahrhunderts ist der Frieden unter den Kaufleuten im Stalhof in Gefahr. "Die Hansekaufleute hatten zum einen Konflikte untereinander. Es gab Konflikte zwischen den Lübeckern, zwischen den Danzigern aber vor allem mit den Kölnern. Und dann hatten sie auch noch Konflikte mit den Londoner Kaufleuten", erklärt Ausstellungsleiter André Dubisch. Der englische König persönlich räumte der Hanse nämlich Privilegien ein. So mussten die Niederdeutschen Kaufleute viel weniger Abgaben leisten als die einheimischen Händler. Das führte zu Neid und Misstrauen im Kontor. "Das ging sogar so weit, dass der Stalhof einige Jahrzehnte zuvor gestürmt wurde - und alles niedergebrannt und ausgeraubt wurde", sagt André Dubisch. "Dass die Kölner und die Hansekaufleute aus London rausgeworfen wurden und es viele Jahre dauerte, bis sie wieder zurück in den Stalhof kommen durften."
Stalhof wird Teil der Dauerausstellung
Gehandelt wurden im Stalhof vor allem Waren aus dem Ostseeraum. Holz, Getreide, Fisch und Wachs brachte die Hanse mit nach England. Für die Lübecker waren im Gegenzug vor allem Stoffe und Tücher interessant. "Ende des 16. Jahrhunderts werden sie dann endgültig ausgewiesen", erklärt Dubisch. "Das mehrere Tausend Quadratmeter große Gelände bleibt im Besitz der Kaufleute, aber sie dürfen nicht mehr handeln, verlieren ihre Privilegien und diese Privilegien sind ja das Rückgrat der Kaufleute in der Ferne." Die neue Inszenierung des Stalhofs ist ab sofort Teil der Daueraustellung im Europäischen Hansemuseum in Lübeck. Besucherinnen können an den verschiedenen Hörstationen entweder der Geschichte lauschen oder es sich beim Wüfelspiel in der Weinstube bequem machen.
Europäisches Hansemuseum: Reise ins London des Jahres 1478
Die Hanse beherrschte im 15. Jahrhundert ein eigenes Handelsterritorium am Londoner Hafen. Das Lübecker Museum lässt es wieder aufleben.
- Datum:
- Ort:
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Europäisches Hansemuseum
An der Untertrave 1
23552 Lübeck - Telefon:
- 0451-8090990
- E-Mail:
- info@hansemuseum.eu
- Preis:
- 4 - 8 Euro
- Öffnungszeiten:
- Täglich: 10 - 18 Uhr (außer 24.12.)