Brahms mal anders: Comic-Battle in Heide
Als 2022 ein Comic über Brahms erschien, wurde das Heft innerhalb kurzer Zeit ein Riesenerfolg. Am Sonntag legte die Brahms-Gesellschaft Schleswig-Holstein nach: Sie hatte eine Comic-Battle ausgerufen. Vier Zeichner und Zeichnerinnen sollten sich kreativ mit dem Leben von Johannes Brahms auseinandersetzen.
Die vier Kombattanten, gepusht von einer leider zu kleinen Meute an Publikum, stehen mit Edding am Flipchart. Dann geht es um einen der ersten Arbeitsaufträge von Volker Sponholz. Es soll ein bärtiger Brahms im Komponier-Rausch werden - in 90 Sekunden. Was passiert, passiert paarweise - und wird nicht zum epischen Kampf: "Ein, zwei Minuten kreatives Schnellzeichnen für ein Thema aus dem Leben des Komponisten müssen reichen", sagt Battle-Moderator Sponholz der vormittäglichen Runde im Brahms-Haus von Heide. Es gehe nur um einen Ideenentwurf, der allerdings funktionieren müsse. "Die Gewieften fangen mit irgendwas an und enden mit der Pointe", so Sponholz.
Kürze der Zeit stellt vor besondere Herausforderungen
Diese Runde ist dann durch. Und auch das durchaus fiese Quietschen der schwarzen Filzer auf dem großen weißen Papier hat erst mal ein Ende. Leni Grimmeisens Komponistenbart hat was von Walla Walla - so wild und struppig, aber auch irgendwie verspielt sieht ihr Brahms aus. Nun gehört sie mit 22 Jahren definitiv zur jungen Generation und dürfte das Zeichnen überwiegend papierlos kennen. "Ich zeichne oft auf dem iPad - und das ist im Vergleich ja winzig", erklärt sie. Wenn man dann auf Plakatgröße zeichne, müsse man die Proportionen verzehnfachen - da müsse man viel umdenken.
Aber auch sie arbeitet sich dann mit ihrem Edding ordentlich ins Papier rein. Wobei klar wird: Ein Korrigieren im eigentlichen Sinne wie auf dem iPad fix gemacht, gibt es bei diesem Comic-Battle nicht. "Es ist so schwierig mit einem Edding", sagt Leni Grimmeisen. "Klar kann man es noch hinkrickeln, aber am Ende sieht es dann vielleicht doch nicht so gut aus."
"Die Brahms-Gesellschaft kann auch jung"
Brahms' Leben muss turbulent gewesen sein. Das verrät der gedruckte Comic an den Wänden. Da sind erkennbar die Erfolge, Selbstzweifel, seine Liebe zu Clara Schumann. Dann immer wieder die Rückkehr nach Heide und der Besuch seines geliebten Großvaters im Ortsteil Lüttenheid - wo das Brahms-Haus auch steht und diese Comic-Battle stattfindet. Eingeladen hatte die Leiterin der Brahms-Gesellschaft, Sarah Reinke. Mit der Veranstaltung habe man zeigen wollen: "Die Brahms-Gesellschaft kann auch jung", sagt sie. "Die kann rocken, die kann Brahms-Comic. Das ist ja ein ganz anderes Medium. Daher auch die Idee, das Battle zu machen."
"Erst einmal einen Gesichtsausdruck hinbekommen"
Nächster Aufschlag: Es gilt, eine Episode aus dem Leben von Brahms weiterzuzeichnen. Es geht um eine Szene, in der Clara Schumann das erste Mal das Klavierspiel Brahms' hört und gerade in Tränen ausbrechen will. Das Gequietsche auf dem Papier geht los. Bei der Comic-Zeichnung von Tim Eckhorst kracht ein Fußball durch die Scheibe in den Konzertsaal. Eckhorst ist ist gebürtiger Heider. Und wenn einer weiß, ob im Ort damals schon gebolzt wurde, dann wohl er. Wie beginnt er mit einer Zeichnung? "Bei einer Comic-Battle muss es ja immer schnell gehen", sagt er. "Da ist die Herausforderung, erst einmal einen Gesichtsausdruck hinzubekommen, auf den die Leute stark reagieren und etwas erkennen."
"Man guckt schon, was der andere macht"
Seine immer sehr großen Figuren kommen stark übers Gesicht, über die Konturen. Die sind dann schnell auf dem Papier, aber er hat auch Momente, wo er mal zu den anderen hinüberlinst. "Man guckt schon, was der andere macht", sagt Eckhorst. "Man ist immer ganz beruhigt, wenn die andere Person nicht sofort loslegt, weil man denkt: 'Oh Gott, jetzt hat die Person schon eine Idee und ich bin voll hinterher.' Insofern ist man immer froh, wenn auch die anderen mal eine Schockstarre haben und nicht wissen, was sie zeichnen sollen.“
Nicht als "Volltrottel" dastehen
Ein großes Kunstwerk könne in diesen kurzen Minuten sowieso nicht entstehen, sagt Tim Eckhorst. Lässt er sich das Thema immer noch mal durch den Kopf gehen? Oder legt er los und entwickelt das Bild beim Zeichnen? "Das Publikum soll ja auch was sehen"“, sagt er. "Man will zur eigenen Beruhigung ja auch aktiv was tun, um vielleicht zu gewinnen. Denn, wenn man dann nicht die passende Idee hat und nur noch zehn Sekunden hat, dann steht man wie der Volltrottel da." Nicht wie ein Volltrottel, sondern als Sieger verließ er dann die Comic-Battle im Brahms-Haus in Heide. Aber Applaus haben alle bekommen - sie waren auch gut, richtig gut.