Historische Spinnerei im Gartetal bringt Menschen zusammen
Göttingen war einst für seine Textilindustrie berühmt. Die Historische Spinnerei im Gartetal erinnert daran. Ein Förderverein hat vor über 40 Jahren das stillgelegte Fabrikgelände übernommen und ein Kleinod geschaffen.
"Hier wird die Wolle durch den Wolf gegeben, die wird vorne aufgebracht. Es sind die harten Zähne des Wolfes, die die Wolle nehmen und reißen", erklärt Rolf Heinrich Meyer. "Das heißt, die verfilzte Wolle wird in einem ersten Prozess gelockert. Das ist Musik in meinen Ohren." Der Wolf ist die älteste Maschine in der ehemaligen Spinnerei bei Göttingen. Eine von vielen Maschinen, die Rolf Heinrich Meyer wieder zum Laufen gebracht hat - gemeinsam mit den anderen vom Verein. Denn sie wollen zeigen, wie hier vor über hundert Jahren aus Wolle Garn gewonnen wurde.
Mitglieder des Fördervereins haben die Gebäude liebevoll restauriert
Jeden Montag treffen sie sich deshalb: lesen alte Handbücher, tüfteln, bauen, probieren. Gar nicht so einfach: "Steht aber nirgendwo da. Sagt einem ja keiner. Man hat es ja nicht gelernt, und man kann niemanden fragen", so Meyer. Und so müsse man sehen, dass man da hinterherkomme, lacht er. "Das ist es halt, das ist es halt. Aber es macht ja auch Spaß."
Das verbindet die Mitglieder des Vereins, die sich nicht nur um Maschinen kümmern. Vor über 40 Jahren haben sie das verlassene Grundstück in der Umgebung Göttingens übernommen, das Ensemble - wie es Jürgen Haese gern nennt: "Weil das ganze Grundstück belegt ist mit dem Fabrikgebäude, was wir hinter uns haben, dem großen Wohnhaus, einer Scheune und einer recht großen Wiese hinter der Scheune. Deshalb unser Ausdruck, Ensemble dazu zu sagen."
Weiß getünchte Lehmwände, rote Ziegeldächer, braune Holzbalken - und an der Wiese ein kleiner Fluss, die Garte. Ab Mai lädt hier das Hofcafé zum Verweilen ein. Kinder, Hunde, Schafe - alle sind willkommen. Doch was heute so romantisch und gepflegt wirkt, war nicht immer so. "Das war alles verfault, verschimmelt und das Fachwerk völlig marode, sodass wir eine Grundsanierung an der Substanz vornehmen mussten, also ganze Fachwerkzeilen ersetzen", berichtet Haese. Das sei klassischer Fachwerkbau, wie er in der Region typisch ist.
Die Historische Spinnerei: Zwischen Industriedenkmal und Kulturkneipe
Das Einwerben der Gelder, die Arbeit an den Häusern, die Pflege des Grundstücks - es hat sich gelohnt. Denn mittlerweile gibt es hier nicht nur ein lebendiges Industriedenkmal, sondern auch eine beliebte Kulturkneipe. "Ist gemütlich, schön klein, bringt Leute zusammen", lassen Besucher*innen verlauten. Das Programm kann sich sehen lassen: vom Ukulele-Fest über Ausstellungen bis zum musikalischen Abend ist alles dabei.
Horcht auf, Kinder! Da fing es an leise, ganz leise zu wispern und zu flüstern und zu rascheln ringsherum, hinter dem Ofen, hinter den Stühlen, hinter den Schränken. Wolfgang Wangerin und Lev Etinger am Klavier
Von dort kommen sie hervor, die Mäuse in E.T.A. Hoffmanns Weihnachtsmärchen "Nussknacker und Mausekönig", hier gelesen von Wolfgang Wangerin. Lev Etinger improvisiert dazu auf dem Klavier. Kerzen leuchten. Und natürlich steht ein Nussknacker neben dem geschmückten Tannenbaum. Der Ofen in der Ecke bollert. Eine Atmosphäre, die bei den Besucher*innen offenbar ankommt: "Hervorragend. Es war ganz bezaubernd. Man konnte sich sehr toll da reinfühlen."
Wenn Sie neugierig geworden sind, rufen Sie am besten in der Historischen Spinnerei an oder schreiben eine E-Mail. Feste Öffnungszeiten gibt es nämlich nicht, alle Informationen finden Sie aber auf der Website.