Barlach-Statue für die Barlachstadt Güstrow
Güstrow ohne Ernst Barlach - undenkbar. Schon im Namen wirbt die mecklenburgische Kleinstadt mit dem Künstler. Zwar sind in der Barlachstadt zahlreiche Werke des Bildhauers, Schriftstellers und Zeichners zu besichtigen. Ernst Barlach selbst - ein Abbild von ihm, eine Statue - gibt es allerdings nicht. Der Güstrower Bildhauer Henning Spitzer möchte das ändern.
Auf den ersten Blick scheint die Statue fertig zu sein, Henning Spitzer jedoch klopft den getrockneten Gips an der Schulter wieder ab. "Ein prozesshaftes Arbeiten, so wie ich es übe, ist immer ein 'Fertig' und niemals ein 'Fertig'", sagt Spitzer. "Eine abgeschlossene, unverbesserliche Form kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Aber eine reife Form schon."
Vom selbstbewussten Bürger zum gebrochenen Mann
Derzeit dominieren gleich zwei weiße Barlach-Figuren das Atelier von Henning Spitzer. Vorn steht Barlach in Originalgröße von ungefähr 1,70 Meter, weiter hinten die zweite Figur, ungefähr 2,40 Meter groß. Sie zeigt einen eher hageren Mann mit Spazierstock und Hut, eine Pelerine über die Schulter geworfen, im Mantel und mit leicht ausgestelltem Schritt. Vor mittlerweile zwei Jahren hat der heute 48-jährige Bildhauer begonnen, zunächst die größere Figur zu modellieren. Zuvor entstanden zahlreiche kleinere Entwürfe. Henning Spitzer formte sie aus Wachs: "Wie kann ich ihn darstellen? Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Es gibt diesen sehr selbstbewussten stolzen Bürger, wie er 1910 nach Güstrow kam, und dann diesen gebrochenen Menschen vor seinem Tode."
Den Charakter auf eine Statue übertragen
Dann fiel ihm das Foto von Ernst Barlach auf, wie der vor der Güstrower Gertrudenkapelle steht: "Das ist Barlach ein Jahr vor seinem Tod", erklärt Bildhauer Spitzer. Im Krönchenhagen, in seinem Atelier in der Güstrower Innenstadt, rührt Henning Spitzer immer wieder Gips an und trägt ihn mit einem einfachen Küchenmesser auf. "Und das Spiel beginnt - das Auftragen, das Abtragen mit Messer oder Fingern. Wieder auftragen, wieder abtragen. Wieder verändern. Es wirkt nach außen hin fast irre. 'Warum wird der denn nicht fertig?', mögen manche fragen. Aber es geht darum, diesen Charakter, dieses innere Gefühl auf die Plastik zu übertragen."
Vorstellung der Skulptur im Oktober
Zwei Jahre Arbeit, bis Anfang Oktober hat sich der Wahl-Güstrower, der in Rostock aufgewachsen ist, noch Zeit gegeben, dann sollen seine beiden Barlach-Figuren fertig sein: "Ich freue mich auf den 2. Oktober. Dann ist wieder die Güstrower Kunstnacht. Ab 19 Uhr werden die beiden großen Entwürfe im Foyer des Rathauses zu sehen sein. Auf die Wirkung sind die Güstrower, vor allem aber ich, sehr gespannt", sagt Henning Spitzer. "Bis dahin werde ich ganz intensiv an diesen beiden Entwürfen arbeiten und wie sie dort in diesem Umfeld wirken. Danach will ich beurteilen, ob ich sie mir anschließend wieder ins Atelier hole oder sage: 'Ja, so könnte ich es mir vorstellen.'"
Ein Barlach für Güstrow?
Und vorstellen kann sich Henning Spitzer, dass eine dieser Barlach-Figuren in Zukunft dann tatsächlich öffentlich zu sehen ist: "Mein Wunsch wäre, gerade im Zuge der Neugestaltung des Marktes, eine Aufstellung auf oder am Rande des Marktplatzes. Aber da gibt es viele Meinungen und viele Ideen. Ich würde die Figur für Güstrow wollen." Ein Ernst Barlach für Güstrow - ob sich der Wunsch des Bildhauers Henning Spitzer tatsächlich umsetzen lässt, wird die Zukunft zeigen. Das nächste Barlach-Jubiläum - der 150. Geburtstag des großen Künstlers am 2. Januar 2020, dürfte allerdings dafür zu früh kommen.
Wer sich Werke von Henning Spitzer in einer aktuellen Ausstellung ansehen möchte, kann das im Dornenhaus in Ahrenshoop tun. Dort sind Werke des Güstrower Bildhauers noch bis zum 24. August zu sehen - in der Ausstellung "Eruptiv".