ARD Radio Tatort: Gemeinschaftsprojekt feiert 15. Geburtstag
Er war etwas Neues in der Hörspielwelt der ARD: der gemeinsame Radio Tatort. Jede Landesrundfunkanstalt schickt ein Ermittlerteam ins Rennen und sendet einmal im Monat die Hörspiele. Heute vor 15 Jahren lief der allererste Radio Tatort.
"Der Emir" über den Kopf eines libanesischen Menschenhändlerrings war der erste ARD Radio Tatort. Heute vor 15 Jahren wurde der Fall deutschlandweit ausgestrahlt: von Flensburg bis Freilassing.
"Es ist in allen Anstalten zur gleichen Zeit gelaufen, was es im Hörspielbereich sehr, sehr selten gibt": Regisseur Thomas Leutzbach hat den ersten Fall inszeniert und ist noch heute beim WDR für den Radio Tatort zuständig. Für ihn ist das Besondere an dem Format "das Serielle. Es entsteht eine enge Bindung, wenn man wiederkehrende Ermittler, wiedererkennbare Ermittler hat".
Enge Absprachen zwischen den Rundfunkanstalten
Da müssen sich die Sender miteinander absprechen: Wer ermittelt in der Großstadt? Wer auf dem platten oder auch nicht so platten Land? "Heutzutage natürlich auch: Wie ist die Genderstruktur in den Teams? Das ist schon auch entscheidend, um solche Bindung zu erzielen", sagt Leutzbach.
Initiiert hat das Projekt der SWR. Kein Selbstgänger, erinnert sich Ekkehard Skoruppa. Er hat damals versucht, seine Hörspielkolleginnen und -kollegen bei den anderen Sendeanstalten für den Radio Tatort zu begeistern: "Es hat ziemlich lang gedauert, weil es am Anfang einige Widerstände gab - auch nachvollziehbar. Es war jeder Sender völlig autark mit seinem Spielplan und hatte alle Termine so zu besetzen, wie er es wollte. Dieses Commitment, einmal im Monat ein gemeinsames Stück auszustrahlen, hat die eigenen Produktionsmöglichkeiten reduziert. Da hat es Überzeugungsarbeit gebraucht und den Hinweis, dass man eine völlig andere Aufmerksamkeit mit so einer Reihe erzielen kann als mit Einzelstücken!" Vor allem, weil das Label "Tatort" zieht.
Regionale Besonderheiten und starke Dialekte
Die Hörspiele sind zwar völlig unabhängig von der großen Schwester im Fernsehen, aber auch beim Radio Tatort geht es um regionale Besonderheiten, die in manch einem Team auch sprachlich exzessiv ausgelebt werden. "Da hat’s schon mal ein paar Fälle gegeben, wo die Forderung laut wurde: Ihr müsst einen Simultanübersetzer dazu setzen. Das hat aber auch dazu geführt, dass manche gesagt haben: Lasst es bitte bei den Dialektfärbungen - das macht das Ganze glaubwürdig und authentisch. Ich bin sehr dankbar, dass es das noch gibt. Und wenn nicht jedes Wort verstehbar ist, dann ist das schon okay", sagt Martin Reinke.
Reinke hat von Anfang an im NDR Radio Tatort mitgespielt. 15 Jahre lang war er der V-Mann und Musiker Jac Gartmann, der durch ganz Norddeutschland getingelt ist und so an Infos für die Polizei gekommen ist: "Was der Tatort wirklich kann, ist unterhalten - und zwar auf allen Ebenen. Er soll auch herausfordern, dass wir Neuem begegnen, irgendeinem Gedankenfragment. Er kann integrieren, der Radio Tatort, indem er alle in ein Boot holt. Der Radio Tatort ist repräsentativ für diese Welt da oben. Und das ist auch ein Zeichen an die Süddeutschen: Ach, so tickt ihr!"
Traumquoten für den ARD Radio Tatort
Erfunden werden diese extra fürs Radio geschriebenen Original-Hörspiele von renommierten Autorinnen und Autoren wie Martin Mosebach, Madeleine Giese und Franz Dobler. Die Tatorte haben Traumquoten für Hörspiele. Kaum ein Angebot der ARD Audiothek wird so viel gehört. Im Geburtstagsjahr finden Fans der Reihe dort in jedem Monat zwei Fälle: einen aus der 15-jährigen Radio Tatort-Geschichte und den üblichen frischen Fall. Los geht’s Ende Januar mit dem allerersten Fall "Der Emir".