"The Old Oak": Ken Loachs Einsatz für mehr Menschlichkeit
Seit fast 60 Jahren macht Ken Loach Filme, vor allem sozialkritische Dramen. Nun hat der 86-jährige britische Regisseur seinen letzten Film angekündigt: "The Old Oak" kommt diese Woche in die Kinos.
Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass Ken Loach ein Urgestein des britischen Kinos ist: ein unermüdlicher Chronist der "Working Class", Ankläger von sozialen Missständen und vehementer Verfechter von gewerkschaftlichen Werten und gesellschaftlicher Solidarität. Da macht auch "The Old Oak" keine Ausnahme.
Syrische Geflüchtete treffen auf englischen Rassismus
Schauplatz ist eine heruntergewirtschaftete Minenstadt im Norden Englands. Hier hat jeder schon genug an seinem eigenen Päckchen zu tragen. "Heat or eat" - die Frage nach einer warmen Wohnung oder einer warmen Mahlzeit ist für viele Alltag, als ein Bus voller syrischer Flüchtlinge ankommt. Unverhohlener Rassismus und Hass wird auf offener Straße laut:
"Ihr Scheiß Kameltreiber, ihr habt meinen Kumpel im Irak auf dem Gewissen."
"Ich finde das geht jetzt zu weit, bitte bleiben Sie ruhig."
Filmzitat
Während einige die Neuankömmlinge als Feinde betrachten, knüpft T. J. vorsichtig, aber vorbehaltlos Kontakte. T. J. ist der Wirt des alteingesessenen Pubs "The Old Oak", der sich mit einigen Stammgästen mehr schlecht als recht über Wasser halten kann. Er war Minenarbeiter, hat selbst viel Empathie von ihm fremden Menschen erfahren, versucht den Flüchtlingen die Ankunft zu erleichtern und freundet sich mit der jungen Yara an.
"Wenn man zusammen isst, dann hält man zusammen."
"Ja, ist ein Zitat von meiner Mutter."
"Wie bei uns: Bevor wir Syrien verlassen haben, haben wir gemeinsam mit unseren Nachbarn gekocht. Das war während des großen Streiks. Die Regierung hat versucht uns auszuhungern, also haben wir jeden Tag gemeinsam gegessen. Jeden Tag."
Filmzitat
"The Old Oak": Gemeinschaft bilden durch gemeinsames Essen
Die verblichenen Fotos im Festsaal des Pubs zeugen von einstiger Solidarität und bringen T. J. und Yara auf eine Idee: Miteinander wollen sie gegen die Polarisierung der Gemeinschaft angehen. Warum nicht zusammen essen, wie damals, als dadurch die Solidarität der Streikenden noch verstärkt wurde?
Dafür müssen aber erst einmal die Räumlichkeiten hergerichtet werden und T. J. stößt selbst bei einem seiner Freunde auf Unmut. Der macht die Flüchtlinge für seine prekäre Lage verantwortlich, was zum Bruch zwischen den beiden Männern führt:
"Hier geht es schon lange den Bach runter. Lange bevor die Syrer kamen. Du bist doch eigentlich kein dummer Mensch. Wie konnte dann so etwas aus dir werden?"
"Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst?"
"Wir suchen alle nach einem Sündenbock, wenn's im Leben scheiße läuft, aber blicken nie nach oben, blicken immer nur nach unten. Beschuldigen die armen Schweine unter uns. Die sind immer schuld."
Filmzitat
"The Old Oak" ist nicht gerade subtil in seiner Darstellung und Stellungnahme, aber Ken Loach beschönigt auch nichts und bleibt auch in diesem Film seinem Einsatz für die vom System abgehängten Menschen treu. Auch wenn das Ende vielleicht etwas altersmilde eingefärbt ist - Ken Loachs Einsatz für mehr Menschlichkeit ist zeitloses, bewegendes Kino.
The Old Oak
- Genre:
- Drama
- Produktionsjahr:
- 2023
- Produktionsland:
- Frankreich, Großbritannien
- Zusatzinfo:
- mit Dave Turner, Ebla Mari, Claire Rodgerson
- Regie:
- Ken Loach
- Länge:
- 113 Minuten
- Kinostart:
- 23. November 2023