Terror live im TV: Drama "September 5" über das Münchner Olympia-Attentat
Tim Fehlbaums Drama ist ein packender Ensemblefilm aus Deutschland, der bei der diesjährigen Oscarverleihung ganz vorne mitspielen wird! In einer Hauptrolle ist die deutsche Schauspielerin Leonie Benesch zu sehen.
Die Olympischen Wettkämpfe 1972 in München sollten "heitere Spiele" werden - doch dann nimmt ein palästinensisches Terrorkommando Israelis als Geiseln. Der Film von Tim Fehlbaum erzählt die Geschichte aus der Sicht von Journalisten des amerikanischen Senders ABC: Das Team entscheidet sich gegen den Widerstand der eigenen Nachrichtenabteilung dafür, über die Geiselnahme live zu berichten.
Leonie Benesch spielt eine fiktive Journalistin
Der Sende- und Kontrollraum von ABC in München: enge Gänge, kleine Zimmer, große, schwerfällige Übertragungskameras, Schaltpulte, Kabelstränge und Entwicklungsräume. Und mittendrin eine hektische Gruppe von Journalisten und Technikern, die eigentlich für die Sportberichterstattung nach München kamen und nun durch ihre Nähe zum Geschehen zu den Chronisten der Geiselnahme im Olympischen Dorf werden.
Die einzige Frau bei ihnen ist eine junge deutsche Übersetzerin, gespielt von Leonie Benesch, die in die realen Ereignisse "hineingeschrieben" wurde - als Vertreterin eines jungen, unbelasteten Nachkriegsdeutschlands. "Ich kannte die ganzen Details nicht, ich wusste nicht, dass das ein 22-Stunden-Live-News-Marathon war", sagt Benesch. "Ich wusste auch nicht, wie sehr die deutschen Behörden tatsächlich versagt haben, und mir war auch nicht klar, dass das vor dem Hintergrund 'Deutschland möchte sich der Welt neu zeigen' passiert ist."
Tim Fehlbaum schafft ein packendes Kammerspiel
Regisseur Tim Fehlbaum erzählt in seinem von Sean Penn koproduzierten Thriller die Geschichte nah an den tatsächlichen Abläufen. Die allesamt gut besetzten amerikanischen Charakterdarsteller wie Peter Sarsgaard, Ben Chaplin oder John Magaro verkörpern die realen Personen von damals bis hin zum legendären Moderator Peter Jennings, auf deren Erlebnissen und Erzählungen die Story basiert. Zudem bekamen die Produzenten vom damaligen ABC-Chef und heutigem Disney CEO Bob Iger die Erlaubnis, das originale Fernsehmaterial zu benutzen. Fehlbaum verwebt dabei geschickt dieses historische Material mit nachgestellten Szenen und einer fiktiven Geschichte rund um einen ehrgeizigen Journalisten und schafft so ein packendes Kammerspiel mit verschränkten Dialogen wie in den Klassikern von Robert Altman, bei dem der Fokus der emotionalen Dramaturgie auf den Fernsehleuten liegt.
"Tim wollte auch, dass die Wände nicht bewegbar sind, dass man nicht mehr Platz schaffen kann für unsere Crew, sondern dass es so beengt ist, wie es damals war", erzählt Benesch. "Der Film spielt im Sommer, es hat gestunken, es war verraucht, weil alle geschlotet haben wie verrückt. Es waren sehr viel Menschen auf sehr beengtem Raum."
"September 5": Aufwühlender Oscar-Anwärter
Die zentrale Frage im Entscheidungsdurcheinander und bei der hierarchischen Abklärung von Sendeslots über verschiedene Verantwortungsebenen ist dabei stets: Welche moralischen Maßstäbe gelten? Macht man sich zum Handlanger? Was darf das Medium? Fehlbaum und sein genialer Schnittmeister Hansjörg Weißbrich arbeiten in dieser atemlosen Montage mit vielen Aufnahmen aus der Halbtotalen und mit Close-ups. Und so wird man als Zuschauer gleichsam hineingesogen.
Was "September 5" zudem jenseits der Medienbespiegelung in einen aktuellen Rahmen setzt, sind die klugen, umsichtig eingesetzten Bezüge auf die deutsche Geschichte. Wie etwa das in den Film integrierte Interviewmaterial eines israelischen Sportlers von 1972, in dem dieser am Tag vor seiner Geiselnahme vom Besuch im ehemaligen KZ Dachau berichtet. Und man folgt bei diesen 90 bewegenden Minuten jenseits des aufwühlenden Dramas auch einem Stück Fernsehgeschichte, mit den zu dieser Zeit üblichen Materialien und den Widrigkeiten des umständlichen Produktionsprozesses. Ein packender, überzeugender Ensemblefilm aus Deutschland, der bei der diesjährigen Oscarverleihung ganz vorne mitspielen wird!
September 5 - The Day Terror Went Live
- Genre:
- Drama
- Produktionsjahr:
- 2024
- Produktionsland:
- Deutschland
- Zusatzinfo:
- mit Peter Sarsgaard, John Magaro, Ben Chaplin u.a.
- Regie:
- Tim Fehlbaum
- Länge:
- 95 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahren
- Kinostart:
- 9. Januar 2025