"Pfau - Bin ich echt?": Verschrobene und abgründige Tragikkomödie
Albrecht Schuch wird regelmäßig für seine Darstellungen mit Preisen ausgezeichnet. Nun kommt ein neuer Film mit ihm in die Kinos. "Pfau - Bin ich echt?" ist eine österreichisch-deutsche Tragikomödie.
"My Companion", so heißt die Agentur von Matthias, alias Albrecht Schuch. Sie vermittelt Begleiter für jede Lebenssituation. Und er selbst ist sein erfolgreichster Mitarbeiter. Er macht eine gute Figur als intellektueller Konzertbegleiter oder als Sohn, den man nicht hat, aber gerne Geschäftsfreunden vorzeigen möchte. Klingt nach Satire? Bei uns vielleicht.
In Japan aber gibt es genau solche "Rent-a-Friend"-Agenturen schon lange. Sie haben den österreichischen Regisseur Bernhard Wenger zu seinem Kino-Debüt inspiriert: "Diese wurden dort gegründet aufgrund der großen Isolation und Einsamkeit, die in der Gesellschaft vorherrschen. Menschen, die wirklich niemanden im Leben haben, können jemanden mieten, um sich zum Kaffee zu treffen, um spazieren zu gehen, um sich nicht so alleine zu fühlen. Aber diese Agenturen wurden schnell dafür verwendet, dass Menschen sich selbst besser präsentieren."
Für Albrecht Schuch schwierigste Rolle von allen
Wenn allerdings Matthias nach Feierabend nicht mehr der Dienstleister für andere ist, bleibt da nichts - das ist das Problem der Hauptfigur im Film. Privat hat er keine Meinung, keine Persönlichkeit. Für Albrecht Schuch, der als rebellischer DDR-Literat in "Lieber Thomas" begeisterte und einem als diabolischer Verführer in "Berlin Alexanderplatz" das Blut in den Adern gefrieren ließ, ist es die schwierigste Rolle von allen.
"Das war eine Tortur für mich, jemanden zu spielen, der keine Haltung hat", erzählt der Schauspieler im Interview. "Ich habe festgestellt, dass ich eigentlich immer Rollen gespielt habe, die so eine ganz starke Farbe haben, eine unvergleichliche Energie. Und es hat mich wahnsinnig gemacht, in diesem haltungslosen Körper zu stecken, der bloß keine Fehler machen will. Das geht so contra meiner eigenen Impulse."
Zwischen skandinavischer Verschrobenheit und österreichischer Abgründigkeit
Natürlich spielt Albrecht Schuch auch den Mann ohne Eigenschaften großartig. In seinem Bemühen, alles möglichst gut und richtig zu machen, seiner Freundin immerzu Blumen mitzubringen, ist er rührend. Aber man möchte ihn auch ohrfeigen, weil er einfach mit nichts aus der Reserve zu locken ist, nicht mal von seiner Frau. Als sie ihn schließlich verlässt, stürzt Matthias in eine tiefe Identitätskrise.
Mit einem Humor, der zwischen skandinavischer Verschrobenheit und österreichischer Abgründigkeit liegt, erzählt Bernhard Wenger von der Selbstentfremdung, die uns vielleicht allen droht, wenn wir auf Social Media Plattformen nur noch als perfekte Selbstdarsteller unterwegs sind. Richtig lustig im Komödien-Sinne ist das nicht, aber sehr bedenkenswert. Denn letztlich ist "Pfau - Bin ich echt?" ein Film über das Menschsein. Weil er zeigt, welch armselige Wesen wir wären, wenn wir, wie Matthias, keine Ecken und Kanten, Spleens oder Leidenschaften hätten. Wir brauchen Reibungsfläche, auch Streit, findet Schauspieler Albrecht Schuch: "Unbedingt! Das muss man ja auch immer weiter trainieren, Streitkultur - ob im Privaten oder in der Gesellschaft. Es muss möglich sein, unterschiedliche Meinungen zuzulassen, auf Grundlage bestimmter Spielregeln. Und ich habe so das Gefühl, dass man das in den letzten paar Jahren ein bisschen verlernt hat."
Albrecht Schuch ist ein streitbarer Mensch, im positiven Sinne. Als Schauspieler legt er selbst in der Rolle des Langweilers und Ja-Sagers eine mitreißende Performance hin in dieser herrlich absurden Tragikomödie.
Pfau - Bin ich echt
- Genre:
- Drama, Komödie
- Produktionsjahr:
- 2024
- Produktionsland:
- Österreich
- Zusatzinfo:
- Mit Albrecht Schuch, Julia Franz Richter, Anton Noori und anderen
- Regie:
- Bernhard Wenger
- Länge:
- 102 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahren
- Kinostart:
- 20. Februar 2024
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Spielfilm
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