"Ich sterbe, kommst du?": Dreharbeiten im Hospiz
Im Hospiz Schloss Bernstorf bei Grevesmühlen laufen gerade Dreharbeiten. Regisseur Benjamin Kramme setzt hier sein Kinofilm-Debüt um. Darin geht es um eine junge Frau, die unheilbar an Brustkrebs erkrankt ist.
Eine Leidensgenossin im Hospiz ist gerade verstorben. Nadine ist Ende 30 und muss sich mit ihrem eigenen bevorstehenden Tod auseinandersetzen. Von den Worthülsen des Pastors angefasst, stemmt sie sich mit viel Wut gegen die Angst, erklärt Regisseur Benjamin Kramme: "Was soll das für ein Gott sein, der Menschen mit Ende 30 so verrecken lässt? Diese Frau hat immer davon geträumt, wieder gesund zu werden und eine Reise mit ihrem Mann zu machen."
"Ich sterbe, kommst du?": Keine leichte Kost
Der Film mit dem Arbeitstitel "Ich sterbe, kommst du?" wird keine leichte Kost sein. Aber das sei so gewollt, sagt Benjamin Kramme. Er ist selber Schauspieler, war Ermittler im Erfurter ARD-"Tatort" und in zahlreichen Kinofilmen zu sehen. Der 42-Jährige arbeitet nun an seinem Langfilm-Debüt als Regisseur. Er hat gemeinsam mit seiner Frau Jennifer Sabel das Drehbuch geschrieben.
"Wir wollten gerne einen Film machen, der das Sterben ein bisschen weniger romantisiert, als das häufig gemacht wird", sagt Kramme. "Wir hatten das Gefühl, Filme übers Sterben werden oft als Komödie erzählt - und dann fährt man nochmal mit der Harley ans Meer. Hauptsache, es ist nicht schwer - und wenn es ein schweres Thema ist, dann muss es vergnüglich erzählt sein."
Filmdreh im Hospiz
Sein Drehbuch geht anders heran. Entstanden ist es in der Zeit, als Benjamin Kramme selber in einem Hospiz gearbeitet hat. Neben der Filmbranche ist der studierte Sozialpädagoge auch im Hospiz Bernstorf bei Grevesmühlen tätig gewesen. Diese Erfahrung habe den Wunsch nach einer realistischeren Erzählweise geprägt. Derzeit wird vier Wochen lang im Dach des Schlosses gedreht - dort, wo bis vor kurzem eine Intensiv-Pflege-WG untergebracht war.
"Als wir in die Förderung des Films gegangen sind, haben wir geguckt, wo man so einen Film drehen könnte", erzählt der Regisseur. "Das hier ist ein großes Haus und hat eine lebensfreundliche Philosophie, wo es sehr erwünscht ist, dass auch Abwechslung passiert und nicht so eine Stimmung herrscht: Alle müssen still sein, hier wird gerade gestorben. Die komplette Etage war leer und wir haben die Räume gestaltet."
Die Fenster wurden zugeklebt, um auch tagsüber Nachtszenen drehen zu können, und die Wände dunkelgrün gestrichen. Auf dem Flur warten Requisiten auf ihren Einsatz. Hauptdarstellerin Jennifer Sabel hat sich für ihre Rolle die langen Haare abgeschnitten: "Nadine kommt aus einer Rostocker Plattenbausiedlung, war vor ihrer Erkrankung Nageldesignerin - auch wenn sie mit ihrem eigenen Laden pleite gegangen ist", sagt Sabel. "Sie hat also eine leicht holprige Biografie und dann kommt dieses frühe Sterben-Müssen dazu. Deswegen ist sie sehr wütend. Ich glaube, Nadine ist eine klassische Antiheldin: zwar immer wieder gescheitert am Leben und den Umständen, aber auf jeden Fall lebensbejahend."
Der lange Weg zum Debütfilm
Erzählt wird auch das zunehmend schwierige Verhältnis der Mutter zu ihrem sechsjährigen Sohn. Der steht kurz vor der Einschulung und wird von der Großmutter unter die Fittiche genommen. Es fällt ihm schwer, seine Mutter am Krankenbett zu besuchen. Sie nimmt Videobotschaften auf, um ihrem Sohn in Erinnerung zu bleiben.
Anspruchsvolle Filme wie dieser sind immer Zuschussgeschäfte. Die Filmförderungen von Mecklenburg-Vorpommern und Berlin-Brandenburg gaben zusammen rund 350.000 Euro dazu. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg ist als Koproduzent dabei. Doch allein von der Entwicklung des Stoffes bis zu den Aufnahmen ist viel Zeit vergangen, blickt Benjamin Kramme zurück: "Wenn man Regisseur ist und Filme machen will, sind diese Wochen, die wir jetzt erleben - am Set zu sein und zu inszenieren -, das, was man machen möchte. Der Weg dahin, gerade beim ersten Film, ist oft sehr lang. Man kämpft fünf Jahre, um so ein Projekt zu machen. Es ist für uns nicht nur irgendein Projekt, sondern dadurch, dass wir uns mit dem ganzen Hospizkontext beschäftigt haben, ein Herzensprojekt", erklärt Kramme.
Noch eine Woche lang wird in Nordwestmecklenburg gedreht. Danach stellt das Filmteam seine Kameras in einem Plattenbauviertel in Rostock auf. Fertig geschnitten und produziert sein soll der Film bis Ende des Jahres.