Berührende Doku: "Gernstls Reisen - Auf der Suche nach Irgendwas"
Die Reihe "Gernstl unterwegs" läuft seit 40 Jahren im BR-Fernsehen und ist längst Kult. Auch einen Kinofilm gab's schon mal - und ab Donnerstag läuft ein zweiter: "Gernstls Reisen - Auf der Suche nach Irgendwas".
Normalerweise stehen bei Gernstl andere Menschen im Fokus. Diesmal aber zunächst er selbst. Geboren 1951 an einem wegweisendem Ort.
"Der erste Zufall: Ich wurde an einer Tankstelle geboren, quasi zwischen den Zapfsäulen. Mir wurde das Rumfahren in die Wiege gelegt. In meiner Familie ist man nicht spazieren gegangen, man ist spazieren gefahren." Filmszene
Die schönsten Begegnungen nochmal erleben
Launig erzählt Franz Gernstl im Kinofilm erst mal, wie er zu seinem Kameramann Hans Peter Fischer kam - er hat ihm in den wilden 70ern die Frau ausgespannt - und zum Tonmann Stefan Ravasz, der keine Ahnung von Tontechnik hatte, aber dienstverpflichtet wurde.
"Wir hatten einem Fernsehredakteur versprochen, dass wir ihm eine interessante Reisereportage drehen. Was ganz Neues. Keine Vorbereitung, keine Recherche, keine Absprachen. Einfach drehen, was uns unterkommt. Wir wollten das Fernsehen neu erfinden." Filmszene
Mit dieser Drauflos-Methode sind die drei immer gut gefahren. Weil Gernstl so unvoreingenommen fragt, öffnen sich die Menschen und schenken ihm ihre Gedanken und Geschichten. Im Film sind ein paar besonders schöne Begegnungen aus der Fernsehreihe noch einmal zu erleben. Manche Protagonisten treffen Gernstl und seine Kollegen Jahrzehnte später wieder. Und gleichzeitig reflektieren sie ihre Arbeitsweise.
Beim Zuschauen geht das Herz auf
Seit 40 Jahren sind sie mit dem Bus unterwegs, auf der Suche nach - ja was eigentlich? Man könnte es so ausdrücken: Menschen, die es nicht leicht haben, aber es doch nicht schwer nehmen. Wie der einst Obdachlose, der ein Sieben-Quadratmeter-Zimmer zu seinem Palast erklärt.
"Ich find' das beeindruckend, dass man sich auf sieben Quadratmetern so schön einrichten kann!"
"Gemütlich, gell? Und jetzt schaust Dir des Fußballspiel an. Na, ist des nicht a Gemütlichkeit? Die Füße ausstrecken! Ist das nicht ein Traum? Was will ich mehr?"
Filmszene
Beim Zuschauen geht einem da das Herz auf. Und auch Kameramann Fischer strahlt heute noch, wenn er sich an diese Szene erinnert:
"Der war glücklich. Und eigentlich sind's die Menschen, die wir suchen. Es ist leicht, wenn Du Millionär bist, gut drauf zu sein. Und selbst die sind's nicht. Aber wenn einer in der Scheiße hockt und immer noch seinen Lebensmut hat, das finde ich, sind die bewundernswerten Menschen. Und über die haben wir uns eigentlich immer am meisten gefreut." Filmszene
"Gernstls Reisen - Auf der Suche nach Irgendwas": Absolut sehenswert
Regie beim Kinofilm hat der inzwischen 72-jährige Franz Gernstl zusammen mit seinem Sohn Jonas geführt. Und beide lassen im Gespräch miteinander auch private Einblicke zu.
"Warum wolltest Du eigentlich keine Kinder haben?"
"Das war überhaupt keine Idee, nicht der Plan. Wir waren Hippies damals, 25, 30 Jahre alt. Wir wollten Party machen und keine Kinder haben. Später vielleicht mal."
Filmszene
Manches kam dann anders als geplant. Freunde blieben die Hippie-Jungs von einst bis heute.
"Doch, wir sind schon Freunde. Wir verstehen uns ja verdammt gut. Ich freu' mich halt immer wahnsinnig, wenn's los geht. Es kann halt sein, dass dann nach zwei oder drei Tagen die Freude wieder weg ist."
"Streitet Ihr Euch auch manchmal?"
"Ja, klar. Also der Fischer und der Stefan, die streiten sich mehr. Ich streite nicht so eifrig."
Filmszene
Schön, dass sie sich immer wieder zusammenraufen! Denn nur gemeinsam gelingt es den dreien, diese ganz besonderen Begegnungen und berührenden Momente festzuhalten. Fahrende Lebensphilosophen und emsige Geschichtensammler, die aus so wenig so viel machen. Deshalb sind "Gernstls Reisen" Kult im BR-Fernsehen und auch im Kino absolut sehenswert.
Gernstls Reisen - Auf der Suche nach Irgendwas
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Produktionsjahr:
- 2023
- Produktionsland:
- Deutschland
- Zusatzinfo:
- Mit Franz X. Gernstl, Hans Peter Fischer, Stefan Ravasz u.a.
- Regie:
- Franz X. Gernstl, Jonas Gernstl
- Länge:
- 92 Minuten
- FSK:
- ab 0 Jahre
- Kinostart:
- 5. Oktober 2023