"A Real Pain": Zwei Cousins ergründen ihre Familiengeschichte
Einer der wichtigsten Gründe diesen Film zu machen, war für Jesse Eisenberg (Regisseur, Autor und einer der beiden Hauptdarsteller) die Geschichte seiner eigenen Großmutter. Leider ist "A Real Pain" zu einfach gestrickt.
Früher waren die beiden Jungs unzertrennlich, auch wenn der introvertierte, rücksichtsvolle David wenig gemeinsam hat mit seinem überschwänglichen, arbeitsscheuen Cousin Benji, der gern den großen Zampano gibt. Inzwischen haben sie nicht mehr viel miteinander zu tun. Doch nach dem Tod der Großmutter gehen sie zusammen auf eine Reise nach Polen, um sich mit ihrer polnisch-jüdischen Herkunft zu beschäftigen. Das war Davids Idee. Und schon am Flughafen in New York wird klar, dass die Sache nicht unproblematisch ablaufen wird, als Benji David offenbart, dass er "megagutes Gras" für den Trip besorgt hat...
Auf der Suche nach der Vergangenheit
Die beiden sind für ein paar Tage mit einer geführten Reisegruppe unterwegs und wollen dann auf eigene Faust das Haus, in dem ihre Großmutter gelebt hat, besichtigen. Schon beim ersten Zusammentreffen mit der Reisegruppe schlägt Benji einen vermeintlich leichten Ton an:
"David und ich sind Cousins. Unsere Grandma Dori kam von hier. Also hat David diese geriatrische Reise durch Polen mit euch netten Leuten gebucht." Filmszene
Fortan gibt Benji den Alleinunterhalter mit gelegentlichen schmerzhaften Abstürzen ins unbändig Sentimentale. Als Benji nach reichlich Wodka bei einem Abendessen vor versammelter Mannschaft mal wieder alle mit seinem hemmungslos zur Schau getragenen Gefühlschaos brüskiert, kann die Erklärung dafür nicht nur bei der Großmutter liegen. Mascha, eine Mitreisende, die Benji durchaus mag, fragt David unverblümt:
"War er schon immer so?"
"Eigentlich lieb' ich ihn - und ich hasse ihn!"
Filmszene
Golden Globe-Gewinner Kieran Culkin überzeugt als Benji
Die konfliktgeladene Beziehung zwischen den beiden Cousins nimmt viel Raum ein in "A Real Pain", ein Roadtrip, der die beiden ungleichen Cousins mit ihrer Familiengeschichte in der Gegenwart konfrontiert. David ist ein menschenscheuer Neurotiker - man sieht Jessie Eisenberg nicht zum ersten Mal in dieser Rolle. Benji, der nach kurzweiliger und durchaus amüsanter Einführung als impulsiver, emotional zügelloser Charakter seinen Mitreisenden und den Zuschauern ziemlich schnell auf die Nerven geht, hatte schon Probleme, bevor seine Großmutter gestorben ist.
Kieran Culkin als Benji überzeugt schauspielerisch durchaus und wurde dafür mit einem Golden Globe ausgezeichnet. Die Auseinandersetzung mit dem Holocaust wirkt allerdings oft wie ein vorgeschobenes Vehikel, um dem Ganzen eine relevante Tiefgründigkeit zu verschaffen, die der Film nie erreicht.
Wie eine "Light-Variante" des Dramas "Treasure"
Einer der wichtigsten Gründe diesen Film zu machen, war für Regisseur und Autor Jesse Eisenberg, dessen Eltern selbst polnisch-jüdische und ukrainisch-jüdische Wurzeln haben, die Geschichte seiner eigenen Großmutter. Aus der er aber bewusst kein Trauerspiel machen wollte.
Dass man Themen wie vererbte Traumata, Konfrontation mit Familienhistorie in Bezug auf Verarbeitung und Identitätsfindung durchaus unterhaltsam inszenieren kann, zeigte zuletzt der Film "Treasure" der Regisseurin Julia von Heinz. Darin reisen eine New Yorkerin und ihr Vater ebenfalls nach Polen auf den Spuren ihrer Vergangenheit. Sieht man das im Vergleich als die europäische Version, wirkt "A Real Pain" jedoch wie die US-amerikanische "Light-Variante" - zu einfach gestrickt und manchmal geradezu schmerzhaft oberflächlich.
A Real Pain
- Genre:
- Komödie, Drama
- Produktionsjahr:
- 2024
- Produktionsland:
- USA, Polen
- Zusatzinfo:
- Mit Jesse Eisenberg, Kieran Culkin, Will Sharpe und anderen
- Regie:
- Jesse Eisenberg
- Länge:
- 90 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahren
- Kinostart:
- 16. Januar 2024