Serie HIP: Manuela Eifrig - deutsche Stimme von Morgane Alvaro
Das NDR Fernsehen sendet nun die 3. Staffel der beliebten französischen Serie "HIP" mit der quirligen Ermittlerin Morgane Alvaro. Die Wahl-Hamburgerin Manuela Eifrig ist ihre deutsche Stimme. Ein Gespräch mit der Synchronsprecherin.
Manuela Eifrig erzählt, warum sie als allein erziehende Mutter so fasziniert ist von ihrer Synchronrolle der Morgane Alvaro. Alle Folgen stehen nun in der ARD Mediathek.
Die Wahl-Hamburgerin ist mit 18 Jahren von Neuss an die Elbe gezogen, hat eine Ausbildung als Musicaldarstellerin gemacht und früh ihre Liebe zum Synchronsprechen entdeckt. Wer Kinder hat, hat ihre Stimme unweigerlich schon gehört: Sie verleiht Helden in Hörspielen, Hörbüchern, Serien, Gaming ihre Stimme. Dazu gehören Figuren in "Bob der Baumeister", die drei "???", die drei "!!!" und viele Anime-Charaktere. Und vor allem: Seit einigen Jahren die Figur der Morgane Alvaro, der französischen Ermittlerin in der Kult-Serie "HIP - Ermittlerin mit Mords-IQ". Die chaotisch-liebenswürdige alleinerziehende Mutter dreier Kinder ermittelt zunächst aus Zufall, dann im Auftrag eines Kommissariats in Lille an der Seite von Kommissar Karadek und löst höchst komplizierte Fälle dank ihres Scharfsinns, ihres fotografischen Gedächtnisses und ihres IQs von 160.
Frau Eifrig, wo hört man überall Ihre Stimme?
Manuela Eifrig: Angefangen bei Kleinkindformaten habe ich dem Babybagger bei "Bob, der Baumeister", über TKKG, über die "Drei Fragezeichen", über Games, zum Beispiel bei "Resident Evil“ habe ich zum Beispiel die Jil Valentine gesprochen. Und natürlich das Format, weshalb wir uns heute sprechen, nämlich Morgane Alvaro in "HIP". Bei der Anime-Serie "Naruto" habe ich mitgesprochen, bei "Soul Eater", bei "Steins Gate" habe ich die Hauptrollen gesprochen. Meine Kinder hören mich mittlerweile und sagen, "Mama, das bist du!"
Mit großem Erfolg läuft nun seit Jahren die erste und zweite Staffel "HIP – Ermittlerin mit Mords-IQ" in Frankreich, gespielt von Audrey Fleurot. Auch in Deutschland ist die Serie ein großer Erfolg im NDR Fernsehen und in der ARD Mediathek. Wer ist für Sie diese Ermittlerin Morgane Alvaro, der sie auf Deutsch Ihre Stimme verleihen?
Eifrig: Morgane Alvaro ist eine wahnsinnig taffe, alleinerziehende dreifache Mutter, die sehr intelligent ist, aber wahnsinnig bodenständig und wahnsinnig menschlich. Man kann sich wahnsinnig gut mit ihr identifizieren.
Das tun Sie auch?
Eifrig: Ja. Als ich gehört habe, "Manu, wir haben hier eine große Rolle. Es ist eine alleinerziehende Mutter mit großer Klappe", dachte ich schon so ‚okay, wie kommen die da auf mich?“ (lacht). Aber jeder, der mich kennt, weiß, dass es genau meine Rolle ist. Meine Eltern, die auch großer Fan dieser Serie sind. Mein Vater hat beim Gucken immer gesagt, "das bist du! Das bist doch du!". Ich fühle sie sehr, auch ihre chaotischen Seiten, aber auch ihre leisen und auch ihre lauten Momente.
Man kann fast sagen, Morgane Alvaro ist ein Pendant zu Sherlock Holmes, sie ist nur chaotischer …
Eifrig: … ja, aber auch greifbarer! Man fühlt sich nicht mit Sherlock Holmes auf einer Ebene. Morgane hat das halt. Sie ist zwar super schlau. Nichtsdestotrotz arbeitet sie als Putzfrau, hat schon bei McDonald's gejobbt und alles Mögliche. Auf der menschlichen Ebene erwischt sie halt die Leute. Das finde ich gut.
Immer wieder erklärt Morgane in unfassbar hohem Tempo komplexe Zusammenhänge und teils seltene Phänomene. Fast, wie in der Sendung mit der Maus. Wie ist das für Sie, dieses hohe Sprechtempo zu synchronisieren?
Eifrig: Diese Momente sind wirklich sehr, sehr schwierig. Meine Hochachtung an unsere Autoren und Autorinnen, die das dann schreiben und die Regisseure, die es dann umsetzen! Ich muss es letztendlich nur „spielen“, aber da steckt wahnsinnig fundiertes Wissen dahinter, was da transportiert wird. Ich muss gestehen, ich kann mir nicht diese ganzen Gedanken machen. Also ich gucke einfach, dass ich dann meinen Text sage, dass das dann passt. Da achten immer das Team im Studio darauf, dass der Sinn auch gegeben ist.
Das Tempo ist enorm, was verlangt diese Salve an Sprache ab?
Eifrig: Genau, wenn ich dann höre, "Manu, kannst du das auch ein bisschen schneller?" dann denke ich manchmal, okay, kein Problem!
Wie muss man sich die Arbeit im Synchronstudio vorstellen? Jetzt stehen Sie im Studio mit wahrscheinlich mindestens zwei anderen Kolleginnen und Kollegen. Ziehen Sie in diesem Fall für Ihre Rolle, um in die richtige Stimmung zu kommen, Pumps an, wie Morgane sie trägt?
Eifrig: (lacht). Ich meinte ja schon, ich glaube, wir sind uns gar nicht so unähnlich, bilde ich mir zumindest ein. Ich trage, fast auch immer nur hohe Schuhe. Und wenn Morgane Schuhe kaufen geht, denke ich immer, "die hätte ich auch genommen". Also da muss ich mich gar nicht verstellen. Da habe ich schon andere Rollen, wo ich eher denke, wie mache ich das denn jetzt?
Was ich tatsächlich am Ende der ersten Staffel gemacht habe: Beim letzten Termin habe ich mir wirklich einen kurzen Rock angezogen und hohe Stiefel. So bin ich ins Studio gekommen, da haben die Jungs auch gestaunt.
In den ersten zwei Staffeln hat Morgane Alvaro viel erlebt, sucht immer wieder eine Wohnung für sich und ihre drei Kinder von zwei Vätern, die sie zum Teil in ihre Ermittlungen einspannt. Sie hat das Kommissariat in Lille gut kennengelernt, es gibt ein spannendes Ende von Staffel 2, das hier nicht verraten wird. Was dürfen Fans der Serie in Staffel drei erwarten?
Eifrig: Das Besondere bei den Synchronaufnahmen ist ja, dass ich wirklich nur meine Sachen mitbekomme. Also, da gibt es Szenen, wo dann gesagt wird, „guck dir das doch mal eben an, damit du weißt, was passiert. Natürlich erzählt mir der Regisseur auch viel, um mich dann abzuholen. Aber ich kenne nicht den ganzen Umfang der Story. Ich bin auch gespannt auf Staffel drei, weil ich auch schon weiß, wie die ausgeht. Sehr, sehr spannend! Mehr sage ich natürlich nicht. Aber es ist auch natürlich zwischenmenschlich und es gibt einen Cliffhanger zur hoffentlich vierten Staffel.
Sie hatten im Vorgespräch gesagt, Sie haben die Rolle auch deshalb angenommen, weil Sie selbst alleinerziehend sind. Wie kombinieren Sie das Familienleben mit zwei kleinen Kindern und der Synchronarbeit, denn Sie führen auch Regie bei Sprachaufnahmen?
Eifrig: Ich bin alleinerziehend, aber ich mache mit meinem Ex-Mann das Wechselmodell. Das heißt, er hat eine Woche die Kinder, dann ich. Das ist mit meiner Selbstständigkeit gut machbar. Weil ich in der Woche, wenn ich die Kinder nicht habe, wahnsinnig viel arbeite. Und in der Woche, in der ich die Kinder habe, versuche ich, dass nicht zu viel werden zu lassen. Manchmal gelingt es mir, manchmal nicht. Ich spreche, ich führe Synchronregie, also alles spielt sich in einem Audiobereich ab, und ich schreibe die Dialogbücher. Das Schreiben kann ich wunderbar zu Hause machen, wenn die Kinder abends im Bett liegen - wenn ich nicht zufällig mit eingeschlafen bin. Dann kann ich noch mal aufstehen und ein bisschen schreiben.
Müssen Sie abends noch Stimmübungen machen nach so vielen Stunden Arbeit vor dem Mikrofon?
Eifrig: Eigentlich gar nicht. Also es gibt durchaus Chargen, die anstrengend sind. Etwa beim Computerspiel. Ich werde zum Beispiel sehr gerne für sehr taffe Anführerinnen eingesetzt. Und dann schreie ich auch manchmal, so Sachen wie „In Deckung“ (ruft laut). Das dann manchmal für ein paar Stunden. Da sage ich mir, „lass mal jetzt ein bisschen weniger machen“. Oder wenn ich kleine Jungs spreche, dann drücke ich auch manchmal ein bisschen anders auf die Stimme. Das ist dann anstrengender für die Stimmbänder. Aber so ein normaler "Morgane"-Tag, das tut meiner Stimme gar nichts. Vor den Kindern hatte ich früher Bands, habe mit denen Veranstaltungen gespielt und gesungen, habe Musicaltheater gemacht. Heute singe ich nur noch für Filme und Serien. Ich schreibe auch Songtexte für Serien und mache die musikalische Leitung.
Sie stammen aus Neuss in Nordrhein-Westfalen. Was hat Sie in den Norden verschlagen?
Eifrig: Tatsächlich bin ich mit 18 hier wegen der Ausbildung hergekommen. Ich war auf der Stage School in Hamburg, etwa vor 20 Jahren. Da habe ich meine Ausbildung gemacht. Mich zieht überhaupt nichts zurück. Meine Eltern sind noch da. Die vermisse ich sehr, gerade mit den Kindern, weil es nicht um die Ecke ist. Zum Karneval fliehen meine Eltern aber eher in den Norden. Als Künstler kann man hier gut arbeiten.
Wie empfinden Sie das Thema Künstliche Intelligenz, die dann mit Ihren Sprachaufnahmen ohne Ihr Zutun quasi selbst eine Sprachaufnahme machen - und Sie ersetzen könnte?
Eifrig: Also es ist natürlich ein Thema, was uns Sprecher*innen bewusst ist. Aber ich empfinde das nicht als Bedrohung. Ich persönlich sage immer "dem Tag, die Sorge", weil ich will mir nicht über alles Mögliche Gedanken machen. Das würde mich völlig verrückt machen.
Ich hoffe tatsächlich, dass die KI es nicht schafft, an die menschlichen Emotionen ranzukommen. Das ist auch das, was wir bei der Synchronarbeit machen. Wir feilen an den ganz kleinen Facetten der Emotionen. Ich hoffe einfach, dass die KI das nicht schafft, da hinzukommen, sondern dass das einzigartig bleibt und dass die KI uns da nicht austauschen kann. Sollte es irgendwann so kommen, glaube ich, dass es auch immer eine Chance bietet, sich umzuorientieren. Dann wird etwas anderes kommen. Früher stand ich auf der Bühne und jetzt nicht mehr. Jede Zeit hat auch ihre Chancen. Trotzdem hoffe ich, dass das jetzt nicht kommt.
Seit dem 3. November stehen sämtliche Kapitel der dritten Staffel in der ARD Mediathek.
Das Gespräch führte Patricia Batlle, NDR Kultur