Schimmelreiter modern: Der Film "Tod am Deich"
Der Film nach dem Roman "Hauke Haiens Tod" von Robert Habeck und Andrea Paluch ist eine Art Fortsetzung des Schimmelreiters von Theodor Storm. Am Sonnabend ist die Geschichte ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen und ist bereits in der ARD Mediathek.
Robert Habeck kennen die meisten als Politiker und amtierenden Vizekanzler. Nicht so viele kennen sein Vorleben als Schriftsteller gemeinsam mit seiner Frau Andrea Paluch. Habeck und Paluch haben Theodor Storm in die Gegenwart geholt. Der Film "Die Flut - Tod am Deich" erzählt die Geschichte des Schimmelreiters weiter - nach der Sturmflut. "Storm endet ja mit dem Deichbruch und dem Tod. Und wir dröseln auf, wie es zu dieser Tragödie gekommen ist", sagt Paluch.
Vor mehr als 20 Jahren in der Küche geschrieben
Es ist die schlimmste Sturmflut seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Land unter an der Nordsee, zwölf Tote. Darunter auch der Mann, der für den Deichschutz verantwortlich ist, der Deichgraf Hauke Haien.
Vor gut 20 Jahren haben Habeck und Paluch das Buch "Hauke Haiens Tod" veröffentlicht. Diskutiert und geschrieben wurde in der Küche, die Kinder immer dabei. Der NDR hat sie damals interviewt. "Natürlich haben wir gehofft, das wird von Hollywood gekauft und verfilmt und natürlich haben wir gehofft, irgendwann kommt das Fernsehen in unseren Garten und filmt uns, aber dass es jetzt so kommt, das ist schon verrückt irgendwie", sagt Robert Habeck beim Interview im Jahr 2001 in seinem Garten. Ein ganzes Jahr hatten sich die beiden für den Roman Zeit genommen.
Tochter des Deichgrafen überlebt
Paluch nennt das Buch eine Liebesgeschichte, einen Krimi und eine historische Geschichte. In Roman und Film wächst die Tochter des Deichgrafen in einem Kinderheim auf, ohne ihren richtigen Namen zu kennen. Jetzt macht sie sich auf die Suche nach ihrer wahren Identität. In Theodor Storms "Schimmelreiter" dagegen stirbt sie in der Sturmflutnacht. "Wir haben nicht verstanden, wie eine Mutter mit ihrem Kind auf einen brechenden Deich fahren und das Kind in Gefahr bringen kann", sagt Paluch. Sie haben das nicht akzeptiert und das Kind überleben lassen, erzählt sie.
Ganz zufällig macht das Mädchen eine Entdeckung: In einer Fernsehsendung erkennt sie Iven, den früheren Hofarbeiter und Vertrauten ihrer Familie. Er ist inzwischen Türsteher auf St. Pauli. Sie treffen sich und auch er erkennt in ihr Wienke, die Tochter des Deichgrafen von Stegebüll an der Nordsee. Was ist wirklich passiert in der Nacht der großen Sturmflut? Wienke will die Wahrheit wissen über den Tod ihrer Eltern. Sie überredet Iven, ihr zu helfen.
Iven: Ja, die Leute haben Deinen Vater eben nicht gemocht.
Wienke: Warum?
Iven: Sollten Land hergeben, wegen dem Deich und so. Keine Ahnung, ist doch auch egal.
Filmzitat
Im Heimatdorf weicht man Erinnerungen aus
"Sie möchte herausfinden, wer ihre Eltern sind", erläutert Paluch. "Auf dieser Suche braucht sie Iven, der sich sträubt, weil er genau das alles nämlich nicht wissen will oder erzählen will. Er möchte dieser Erinnerung ausweichen." In Wienkes Heimatdorf, treffen sie auf alte Bekannte - die sind gar nicht erfreut über den Besuch. Düsteres aus der Vergangenheit kommt hoch. Haben die Dorfbewohner etwas zu verbergen?
Iven: Ist das eigentlich nur mein Eindruck oder ist das ein paar Leuten ganz recht, was damals passiert ist?
Bedienung: Die haben das hier untersucht, fast ein halbes Jahr war die Bullen und die Anwälte da und dein feiner Hauke, der wäre in den Knast gegangen, wenn er überlebt hätte.
Iven: Wie meinst du das?
Bedienung: Er hat gedacht, er baut ein technisches Meisterwerk.
Iven: Und was ist mit dem Hof?
Bedienung: Was soll mit dem Hof sein. Noch ein Nachtisch? "Heiße Liebe" hätte ich da.
Filmzitat
Wienke fährt mit Iven zum ehemaligen Hof ihrer Eltern - sie will um ihr Erbe kämpfen. Inzwischen wohnt allerdings der einstige Bürgermeister dort, auch er war ein Widersacher des Deichgrafen. Er ist ganz und gar nicht begeistert vom Besuch der beiden und würde die Vergangenheit am liebsten ruhen lassen.
Rückblenden erzählen Vorgeschichte der Sturmflut
In Rückblenden erzählt der Film auch die Vorgeschichte der Sturmflut. Der Deichgraf, von vielen als Spinner abgetan, sucht nach neuen Wegen die Küste vor Extremwetter zu schützen.
Hauke Haien: Du hast doch auch schon mal von Klimawandel gehört, der Meeresspiegel steigt und die Stürme werden heftiger und wir müssen jetzt was unternehmen.
Ole Peters: Ich glaub das alles gar nicht.
Hauke Haien: Du musst nur deine Kneipenkumpel davon überzeugen, dass sie zwei Prozent von ihrem Land abgeben, das ist alles.
Ole Peters: Zwei Prozent! Das ist unser Land.
Filmzitat
"Für die allermeisten Krisen, die wir kennen, kennen wir auch die Lösung", erklärt die Autorin. Die Lösungen seien allerdings aus wirtschaftlichen, politischen, oder anderen Gründen nicht durchführbar. "So sehe ich auch Hauke Haien, der sieht, was passieren wird, der weiß, wie man es verhindern kann und am Ende wird ihm die Schuld dafür in die Schuhe geschoben, dass etwas passiert. Also, das ist auch in der jetzigen Debatte zu vielen politischen Themen durchaus ein gängiges Muster", sagt Paluch.
Spannende Geschichte, bildstark und vielschichtig erzählt
"Die Flut - Tod am Deich" ist bildstark und vielschichtig. Es geht um Liebe, Schuld und Sühne, dunkle Familiengeheimnisse, Neid und Eifersucht. Und es geht auch um den Kampf zwischen Mensch und Natur. Wie dieser spannende Film ausgeht, wird nicht verraten, nur eines: es lohnt sich, die Verfilmung von "Hauke Haiens Tod" anzuschauen - ein Film, der eine alte Geschichte mit heutigen Themen verbindet.